"Spuren aus 1.300 Jahren Bistumsgeschichte nachverfolgen" Kirchenhistoriker Dr. Roland Götz über den Tag der Archive am 2. März

Am 2. März 2024, dem Tag der Archive, ermöglichen das Archiv und die Bibliothek der Erzdiözese München und Freising neue Einblicke in 1.300 Jahre Bistumsgeschichte. Der Kirchenhistoriker Dr. Roland Götz erläutert im Interview, was an diesem Tag geplant ist.
 
Bucheinband von "Bistumsgeschichte original - Historische Quellen von Korbinian bis heute neu befragt" mit Bild von Korbinian und dem Bären
Kirchenhistoriker und -archivar Dr. Roland Götz
Roland Götz
Herr Dr. Götz, was zeigen Sie am diesjährigen Tag der Archive?

Roland Götz:
Der Tag der Archive steht heuer ganz im Zeichen des Jubiläums des Heiligen Korbinian, der vor 1.300 Jahren zum ersten Mal nach Freising kam. Wir widmen uns an diesem Tag den Quellen aus 1.300 Jahren Bistumsgeschichte, also den historischen Dokumenten, aus denen wir etwas zur Geschichte der Kirche in unserem Land erfahren.

Diese Quellen kann man sich in drei verschiedenen Formen zu Gemüte führen: Zwischen 10 und 17 Uhr gibt es die seltene Gelegenheit, Dokumente aus dem Mittelalter bis in die 1960er Jahre im Original zu sehen. Wir werden sie auch in einer Online-Ausstellung präsentieren. Und es erscheint ein Buch, in dem wir ausgewählte Quellen aus neuem Blickwinkel vorstellen und auswerten. Die Leserinnen und Leser erfahren viel darüber, wie kirchliches Leben in unserem Land einmal ausgesehen hat.

Welche besonderen Exponate zeigen Sie in der begleitenden Online-Ausstellung?

Roland Götz: Unsere Quellen reichen bis zu den Anfängen unseres Bistums zurück. Dank des Internets können wir aus der Bibliothek von Karlsruhe eine von nur zwei erhaltenen Handschriften der Lebensbeschreibung des Heiligen Korbinian zeigen. Wir präsentieren auch die Gründungsurkunde des Bistums Chiemsee. Wer davon noch nie etwas gehört hat, kann sich in der Ausstellung darüber informieren. Und wir präsentieren aus unserem eigenen Online-Archiv zum Beispiel die Handschrift mit der ältesten bislang bekannten farbigen Darstellung des Freisinger Bistumswappens, des Freisinger Mohren.

Wir gehen aber noch weiter: Über die Barockzeit und das 19. Jahrhundert, wo wir uns anschauen, was der bayerische Schriftsteller Ludwig Thoma über kirchliche Themen geschrieben hat, bis in die 1960er Jahre mit den Manuskripten der Silvesterpredigten von Kardinal Döpfner, in denen er Grundlegendes zu Kirche und Welt gesagt hat.
 
Schenkung von Reliquien des Heiligen Korbinian an dessen Heimatpfarrei Arpajon durch Bischof und Domkapitel von Freising; kalligraphisch gestaltete Pergamenturkunde vom 25. August 1711
Schenkung von Reliquien des Heiligen Korbinian an dessen Heimatpfarrei Arpajon durch Bischof und Domkapitel von Freising; kalligraphisch gestaltete Pergamenturkunde vom 25. August 1711
Was ist Ihr persönliches Highlight in der Ausstellung?

Roland Götz:
Eine Urkunde von 1711, mit der Bischof und Domkapitel von Freising der Heimatkirche des Heiligen Korbinian in Arpajon bei Paris eine Korbinians-Reliquie geschenkt haben. Wir zeigen die Urkunde am Tag der Archive im Original und in der Online-Ausstellung. Sie ist besonders schön und kunstvoll geschrieben. Im großen Anfangsbuchstaben N ist ein Medaillon eingebaut, auf dem der Heilige Korbinian mit seinem Begleittier zu sehen ist, dem bepackten Bären. Mit dieser Urkunde wurden Reliquien von Deutschland nach Frankreich geschenkt. Ich finde es bemerkenswert, dass in dieser Urkunde auch der Gedanke geäußert ist, dass die beiden Heimatländer des Heiligen Korbinian, die 1711 gerade im Krieg lagen, vielleicht durch seine Fürsprache zum Frieden finden könnten.

Was planen Sie zum großen Bistumsjubiläum in diesem Jahr sonst noch?

Roland Götz: Wir werden eine Urkunde aus unserem Bestand in die große Bayerische Landesausstellung ausleihen, die von Mai bis November im Diözesanmuseum Freising zu sehen ist. Und wir gestalten zusammen mit dem Münchner Dompfarramt einen bistumsgeschichtlichen Rundgang durch den Münchner Dom. Dort können die Besucherinnen und Besucher Spuren aus 1.300 Jahren Bistumsgeschichte nachverfolgen.

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Prof. Dr. Johannes Merz