Männer Patna Indien
Das Projekt Jan Kalyan Gramin Vikas Samiti (JKGVS)
Mit der von ihr gegründeten Organisation Jan Kalyan Gramin Vikas Samiti (JKGVS, deutsch: Vereinigung für Wohlfahrt und ländliche Entwicklung) will Schwester Dorothy jenen eine Stimme geben, die einen Großteil der indischen Gesellschaft ausmachen, aber vom Staat häufig übergangen oder sogar schikaniert werden.

In der Regel lassen sich indische Männer von Frauen nur selten etwas sagen. Wenn Schwester Dorothy Fernandes spricht, hört jedoch jeder hin. Die 64-Jährige steht mitten auf einem kleinen Platz in Patna, der Hauptstadt des ostindischen Bundesstaates Bihar. Vor ihr schiebt sich der Verkehr über die Straße, doch die Stimme der Schwester übertönt das ohrenbetäubende Gehupe der Autofahrer in der Millionenstadt. Vor ihren Zuhörern, es sind Dutzende Bauarbeiter, die an dem Platz ungeduldig auf Auftraggeber für Tagesjobs warten, schimpft die Schwester auf die Behörden. Sie ruft die Bauarbeiter dazu auf, mehr für ihre Rechte einzutreten. Weil die Regierung weiterhin nicht dafür sorgt, dass die Unternehmen den Mindestlohn bezahlen, plant sie eine Demonstration – und zwar direkt vor dem Haus des Arbeitsministers des Bundesstaates. „Wer kommt mit zu dem Haus des Ministers?“, ruft sie in die Menge. Und wie auf Kommando hebt jeder der Männer die Hand.
Zug Slum Patna Indien
Der MISEREOR-Partner unterstützt neben Bauarbeitern auch Straßenverkäufer, Obdachlose und die Bewohnerinnen und Bewohner von Armenvierteln. Die JKGVS-Mitarbeitenden besuchen dafür täglich die Siedlungen der Armen in der Millionenmetropole, sie hören sich Probleme der Bewohnerinnen und Bewohner an und bieten ihre Hilfe an, wenn mal wieder Subventionen verwehrt werden, Polizisten Bestechungsgeld fordern oder eine komplette Siedlung geräumt werden soll.

Die Zahl der Hilfsbedürftigen ist groß: In einem Stadtentwicklungsplan der Regierung Bihars heißt es, dass 65 Prozent der rund zwei Millionen Einwohner Patnas in Armenvierteln wohnen. Schwester Dorothy geht davon aus, dass in der Stadt rund 300.000 Menschen obdachlos sind. Viele weitere haben keinen Strom oder kein Wasser zur Verfügung. Das Einkommen vieler Arbeiter und Verkäufer in der Stadt genügt gerade einmal für das Nötigste. So beträgt der Mindestlohn für einen ungelernten Bauarbeiter in Patna nur 237 Rupien pro Tag. Das sind umgerechnet rund 3,40 Euro – falls der Auftraggeber überhaupt den Mindestlohn bezahlt. Und das ist häufig nicht der Fall.
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