„Auf Räume schauen, in denen Menschen sich bewegen“

Generalvikar Klingan berichtet Diözesanrat über Projekte zu künftiger Gesamtstrategie der Erzdiözese
Geplante Dekanatsreform soll Vernetzung von bedarfsorientierter Seelsorge fördern
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Wolfratshausen, 18. März 2023. „Gemeinsam müssen wir noch mehr die Räume in den Blick nehmen, in denen sich Menschen heute bewegen und zusammenkommen“, so Christoph Klingan, Generalvikar des Erzbischofs von München und Freising, bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese am Samstag, 18. März. Mit Blick auf die aktuellen „rasanten Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft“ wolle die Erzdiözese in der Seelsorge zu einer stärkeren „Orientierung an Sozialräumen“ kommen, um weiterhin gut wahrnehmbar präsent zu bleiben. „Das geht nur, wenn wir über den eigenen Kirchturm hinausblicken“, sagte Klingan. Der Generalvikar berichtete im Rahmen der Versammlung in Wolfratshausen von den laufenden Projekten zur Umsetzung einer künftigen Gesamtstrategie der Erzdiözese und gab einen Zwischenstand zu einer geplanten Neuordnung der Dekanate in der Erzdiözese. „Dazu wollen wir nun ganz konkret in die Umsetzung und ins Tun kommen und die Überlegungen mit Leben füllen“, ergänzte er und tauschte sich mit den rund 160 Delegierten aus.
 
Die Erzdiözese hatte im Herbst 2020 unter Leitung des Generalvikars einen Gesamtstrategieprozess gestartet, um das Handeln der Erzdiözese insgesamt wirkungsvoller auszurichten und trotz zurückgehender Ressourcen auch künftig bestmöglich für die Menschen da zu sein. Der Prozess wurde im Dezember 2021 abgeschlossen und von Erzbischof Kardinal Reinhard Marx ein entsprechendes Zielbild in Kraft gesetzt. Eine erste konkrete Umsetzung findet dieses Zielbild in verschiedenen Projekten: etwa zur Wirksamkeit in der Pastoral, zu einer aus dem pastoralen Bedarf heraus entwickelten Immobilienstrategie, zum Engagement der Erzdiözese für Ehrenamtliche und zu einer wirkungsorientierten Haushaltsplanung.
 
Generalvikar Klingan berichtete, dass die Erzdiözese im Projekt zum Ehrenamtsengagement eng mit dem Diözesanrat und Vertretern der kirchlichen Verbände zusammenarbeite. In ersten gemeinsamen Workshops seien zwei Themen identifiziert worden, die nun weiter ausgearbeitet und diskutiert würden: Eine zentrale Anlaufstelle für Ehrenamtliche und freiwillig Engagierte in der Erzdiözese solle eingerichtet werden und neue Kommunikationsmöglichkeiten und Angebote für die Ehrenamtlichen geschaffen werden.
 
Zur Immobilienstrategie verdeutlichte Klingan, dass neben einer Ausrichtung des Immobilienbestands an den pastoralen Schwerpunkten das Ziel sei, die Immobilienlast deutlich zu reduzieren, damit die genutzten Gebäude langfristig und nachhaltig unterhalten werden könnten. „Wir stehen in einer Zeit, in der wir weniger Mittel zur Verfügung haben werden, dies wird zu Veränderungen führen, deshalb müssen wir unsere Gebäude überprüfen: Mit welchen können und wollen wir kirchliches Leben gestalten, welche werden wir anders oder zusammen mit anderen Kooperationspartnern nutzen und welche werden nicht mehr genutzt.“ Die Überlegungen würden dabei auf Dekanatsebene stattfinden. Laut Klingan hätten sich die Dekanate Berchtesgaden und Forstenried bereiterklärt, im Rahmen von zweijährigen Pilotprojekten eine Immobilienstrategie zu erarbeiten. In den Projekten seien die Kirchenstiftungen im Dekanat mit eingebunden, die für die Immobilien der Pfarreien verantwortlich sind. 
 
Pastorales Handeln stärker vernetzen
Generell will die Erzdiözese die Dekanate als mittlere Ebene im Bereich der Seelsorge stärken, um eine Vernetzung im pastoralen Handeln zu fördern und bessere Rahmenbedingungen für die Kooperation auf überörtlicher Ebene zu schaffen. Dazu sollen die 40 Dekanate neu strukturiert werden. Ein Vorschlag für die geplante Neuordnung sieht eine signifikante Vergrößerung des territorialen Zuschnitts und damit Reduzierung der Zahl der Dekanate vor. „Das ist nicht die Vorstufe zu XXL-Pfarreien“, stellte der Generalvikar klar, „das Rückgrat bleiben weiterhin die Pfarrei und der Pfarrverband, aber sie sollen stärker vernetzt zusammenarbeiten.“
 
Klingan betonte, dass die Überlegungen der Erzdiözese derzeit in einem Informations- und Konsultationsprozess mit Hauptamtlichen- und Laiengremien im Erzbistum diskutiert würden. Auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem Vorstand des Diözesanrates sei die Erzdiözese dazu in regelmäßigem Austausch. „Nicht alle Impulse können aufgenommen werden, aber wir haben alle gelesen und in die Abwägung einbezogen“, erläuterte der Generalvikar.
 
Konkret sieht der Vorschlag in den stärker ländlich geprägten Seelsorgsregionen Nord und Süd der Erzdiözese vor, die Dekanatseinheiten mehr an den Landkreisgrenzen zu orientieren. An diesen richten sich bereits auch andere kirchliche und nicht-kirchliche Kooperationspartner für die Seelsorge wie etwa die Caritaszentren oder die Kreisbildungswerke aus, aber auch die Kommunen. In der Seelsorgsregion München hingegen werde der künftige territoriale Zuschnitt stärker an geografischen Gegebenheiten oder der Infrastruktur orientiert sein.
 
Diskutiert wird laut Klingan zudem die Einrichtung von Dekanatsteams, in denen Priester, Diakone, pastorale Mitarbeitende und Ehrenamtliche „gemeinsam Verantwortung für die Pastoral übernehmen, gemeinsam Schwerpunkte definieren und Entwicklungskonzepte im Sozialraum denken“. Der Vorsitz des Dekanatsteams solle beim Dekan liegen, der künftig Personalverantwortung für die Seelsorgerinnen und Seelsorger im Dekanat übernehmen soll und daher nicht mehr wie bisher gewählt, sondern vom Erzbischof ernannt werde.
 
Der Diözesanrat der Katholiken ist das oberste Laiengremium der Erzdiözese. In die Vollversammlung werden Vertreterinnen und Vertreter der Dekanatsräte, die sich wiederum aus Vertretenden der Pfarrgemeinderäte zusammensetzen, sowie Vertreter der katholischen Verbände und Organisationen entsandt. Die rund 160 Delegierten der Frühjahrsvollversammlung in Wolfratshausen beschäftigten sich zu Beginn in einem Studienteil unter dem Motto „Gerechter Krieg – Ungerechter Friede?“ mit dem Thema Friedensethik und dem Krieg in der Ukraine. Neben Generalvikar Klingan berichteten im Rahmen der Versammlung auch der Diözesanratsvorsitzende Armin Schalk sowie Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, und tauschten sich mit den Teilnehmenden aus. (kbr)