„Der Laienkatholizismus ist etwas Großartiges“

Erzbischof Marx verabschiedet Alois Baumgartner als Vorsitzenden des Diözesanrats
München, 6. November 2010. Alois Baumgartner, der den Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum München und Freising zwölf Jahre lang leitete, ist zum Ehrenvorsitzenden des Laiengremiums ernannt worden. Bei einer Feierstunde am Samstagabend, 6. November, im Kardinal-Wendel-Haus überreichte ihm sein Nachfolger Hans Tremmel für seine Verdienste um das Laienapostolat außerdem die neu geschaffene Ehrenmedaille des Diözesanrates.

Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, dankte Baumgartner für die Jahre seines Wirkens. Für Baumgartner sei stets der Gedanke der Einheit mit Papst und Weltkirche wichtig gewesen. „Ich wünsche mir für die Kirche insgesamt, dass wir ein Klima des Vertrauens finden, dass sich Laien und Priester nicht auseinander bringen lassen“, sagte Marx vor rund 300 Gästen aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Das Engagement Baumgartners sei „sehr von dem geprägt, was wir den Laienkatholizismus nennen – und der ist etwas Außerordentliches und Großartiges in unserem Land“. Alle Gläubigen seien gerufen, „eine Weltgestaltung aus christlichem Glauben voranzubringen, nicht zu jammern, sondern einen Beitrag zu liefern“.

Marx erinnerte daran, dass er und Baumgartner beide Sozialethiker seien und er deswegen von Anfang an von einem „dream team“ gesprochen habe. „Die sozialen Probleme sind nicht gelöst, es gibt immer mehr gebrochene Erwerbsbiographien, wir werden eine Altersarmut bekommen. Die Soziallehre hat eine große Aufgabe“, so Marx. Er habe den Eindruck, dass die Kritik Baumgartners in den letzten Jahren auch mit Blick auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise schärfer geworden sei: „Wir müssen aufpassen, dass unser Staat in der Spur bleibt.“

Der neue Diözesanratsvorsitzende Hans Tremmel bezog sich zunächst auf das Jahr 1998, als Baumgartners Kandidatur für den aktiven Wissenschaftler „ein nicht unerhebliches Opfer“ bedeutet habe. „Wir alle wissen es: Er hat als Diözesanratsvorsitzender mehr Wirksamkeit in Kirche, Gesellschaft und Politik entfaltet, als zwischen Buchdeckel und Regalbretter passt“, so Tremmel. Mit seinen Vorträgen, Kolumnen und seinem Engagement in unzähligen Gremiensitzungen sei es Baumgartner gelungen, die Themen der christlichen Sozialethik in eine Sprache zu bringen, die die Menschen verstünden und die sie in konkrete Handlungswirklichkeit übersetzen könnten. Sein zentrales Thema sei dabei immer die Familie gewesen, die er als „paradigmatischen Ort gesellschaftlicher Freiheit“ verstand. Im Umgang mit den Vertretern des kirchlichen Amtes sei er unkompliziert und selbstbewusst gewesen und habe sich und den Diözesanrat als „Rat-Geber“ verstanden, als Teil einer Kirche, die von allen ihren Mitgliedern getragen wird. Dem Diözesanrat habe er damit „ein unverwechselbares Profil“ gegeben.

Baumgartner erwiderte, er sei für die 12 Jahre an der Spitze des Diözesanrats „schlicht dankbar – ich bin dankbar für das Vertrauen, das mir die Bischöfe, erst Kardinal Wetter, dann Erzbischof Marx, entgegengebracht haben“. Es sei ein selbstverständliches Zusammenarbeiten und zusammen denken gewesen. Baumgartner gab abschließend zu bedenken, dass in einer demokratischen, pluralen Gesellschaft eine Frage immer drängender an die Kirche herangetragen werde: „Wie hältst Du, liebe Kirche, es mit der Demokratie? Ist der negative Bescheid alles, was Ihr zu sagen habt? Ist die Kirche wirklich ein Relikt aus vordemokratischer Zeit? Ich bin dafür, dass wir uns auf Formen der Kollegialität und Partizipation besinnen.“ Es müsse immer klar sein, „dass Gremien, vom Pfarrgemeinderat bis zum Zentralkomitee der Katholiken, gehört werden, Bedeutung haben – und zwar keine geringe“. An die Zuhörer gerichtet sagte Baumgartner: „Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich den Status quo für unzureichend halte und eine Weiterentwicklung für dringend erforderlich.“

Alois Baumgartner, emeritierter Professor für Christliche Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, war von 1998 bis 2010 zwölf Jahre lang ehrenamtlicher Vorsitzender des Diözesanrates, der obersten Vertretung der Laien in der Erzdiözese. Am 8. Oktober wurde Hans Tremmel, Professor für Theologie und Ethik in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München, Abteilung Benediktbeuern, zu seinem Nachfolger gewählt. (kel/gob)