Kardinal Marx: „Kirche soll Zeichen der Einheit für alle“ sein

Erzbischof thematisiert bei Jahresempfang des Erzbistums kirchliche und gesellschaftliche Zeitenwende
München, 12. Juli 2022.  Kardinal Reinhard Marx sieht für die Kirche die Notwendigkeit eines Prozesses „der Einigung und des Neuaufbruchs“. Im Kontext der viel beschworenen Zeitenwenden müssten für eine gute Zukunft „das ganze Feld des Menschen“ und insbesondere die Schwachen und Schutzbedürftigen in den Blick genommen werden. Dabei gelte es „nicht zu polarisieren, sondern neu zu versammeln“ und Ausschau zu halten „nach den Charismen und Begabungen aller Männer und Frauen“. Das Erzbistum München und Freising solle wie die Kirche allgemein „Zeichen der Einheit für alle Menschen, nicht nur für die Christen und uns Katholiken“ sein und nicht „Zeichen der Zerrissenheit und Instrument des Gegeneinanders“, sagte der Erzbischof von München und Freising beim Jahresempfang des Erzbistums am Dienstag, 12. Juli, in München.
 
Für die Zukunft stelle sich gesellschaftlich wie kirchlich die Frage nach dem Wohin: „Was sind die Programme für die Zukunft?“, fragte Marx. Militärische Hochrüstung könne nicht die Antwort sein. Vielmehr brauche es „ein Zukunftsbild der Menschheitsfamilie“, zu dem die Kirche besonders beitragen und „Hoffnungszeichen setzen“ müsse. Dabei sei die Frage zu klären, wie Religion heute, in einer offenen und pluralistischen Gesellschaft aussehen könne, so Marx. Nur eine Anpassung einiger Strukturen könne nicht der Weg sein, sondern es gelte herauszufinden, „wie wollen wir heute von Gott sprechen?“, so Marx. Ein Instrument dazu sei der Synodale Weg. Synodal bedeute in diesem Zusammenhang: „Suche nach dem Willen Gottes“, Freude daran, Eucharistie zu feiern und zu „lauschen, was das Geheimnis Gottes uns heute zu sagen hat“. Wenn das geschehe, könne auch der Gefahr begegnet werden, dass Religion instrumentalisiert und „zu einer Sache der Ideologie, der kulturellen Identität und des Nationalismus“ gemacht werde.
 
Der Blick auf den Missbrauch, der in Kirche geschehen ist, sei im Zusammenhang der Zeitenwende klar: „Wir gehen den Weg der Aufklärung, der Transparenz, der Prävention, der Zusammenarbeit mit dem Staat“. All das sei seit dem ersten Missbrauchsgutachten der Erzdiözese, das 2010 fertiggestellt wurde, „immer tiefer vorangetrieben“ worden. Dieser Weg der Aufklärung und Wahrhaftigkeit müsse auch vor dem Hintergrund, dass Menschen aus der Kirche austreten, weitergegangen werden.
 
Rund 500 Vertreter aus Kirche, Gesellschaft und Politik nahmen an dem traditionellen Jahresempfang von Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, und dem Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising im Kardinal-Wendel-Haus in München-Schwabing teil. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach ein Grußwort. (hs)