Kardinal Marx: Kirche steht vor epochalem Wandel

Ansprache bei Jahresempfang des Erzbistums München und Freising mit rund 600 Gästen
Jahresempfang 2019
(v.l.): Diözesanratsvorsitzender H. Tremmel, Kardinal R. Marx, Ministerpräsident M. Söder. © Kiderle
München, 3. Juli 2019. Kardinal Reinhard Marx sieht die Kirche vor tiefgreifenden Veränderungen: „Wir spüren, dass es einen Epochenwandel gibt. Wer das nicht sieht, hat sein geistiges und intellektuelles Auge nicht richtig justiert“, sagte der Erzbischof von München und Freising beim Jahresempfang des Erzbistums am Mittwoch, 3. Juli, in München. „Dass Kirche verschwindet, das glaube ich nicht“, sagte Kardinal Marx, wohl aber, dass sie vor großen Herausforderungen stehe.
 
„Wir fahren auf Sicht“, betonte der Erzbischof. „Weichenstellungen sind wichtig, aber die Orientierung kann nur in Jesus Christus liegen, im Evangelium. Es wird ein Ringen sein, und wir werden das in einer gemeinschaftlichen Weise tun.“ Es gehe dabei nicht darum, wer Verlierer oder Gewinner sei: „Wer so redet, redet ungeistlich.“ Mit Blick auf den von der Deutschen Bischofskonferenz angestoßenen Synodalen Weg sagte Kardinal Marx: „Wir können in diesem Rahmen nicht das Kirchenrecht verändern. Aber es ist gut, dass Diskussionen geführt werden, auch über Dinge, die früher tabuisiert waren.“ In diesem Sinne sei der Synodale Weg ein „Weg der Ermutigung“. Die Geschichte der Kirche habe sich immer zwischen den Polen des Beharrens und des Voranschreitens bewegt. „Aber am Ende muss doch der Aufbruch stattfinden, muss doch der Weg nach vorne gemacht werden“, so der Erzbischof. „Die Zeichen der Zeit zu lesen im Licht des Evangeliums, darauf kommt es an.“ Er wolle dort sein, „wo ein pilgerndes Gottesvolk ohne Angst weitergeht und die Möglichkeiten Gottes entdeckt, die größer sind als das, was wir uns in einer langen Geschichte zurechtgelegt haben“.
 
Kardinal Marx forderte, Kirche müsse sich aktiv in gesellschaftliche und politische Debatten einmischen und klare Standpunkte beziehen: „Ab und zu müssen wir auch Unruhe stiften. Wir wollen uns als Kirche einmischen.“ Dabei gehe es gerade nicht darum, „Gräben aufzureißen und Hass zu vertiefen“, sondern darum, „Brücken zu bauen und den Dialog zu führen“.
 
Zum traditionellen Jahresempfang des Erzbischofs von München und Freising und des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese waren rund 600 Vertreter aus Kirche, Gesellschaft und Politik in das Kardinal-Wendel-Haus in München gekommen. Stadträtin Evelyne Menges (CSU) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprachen Grußworte. (gob/uq)

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Gemeinsame Gespräche beim Jahresempfang im Kardinal-Wendel-Haus in München: (v.l.): Diözesanratsvorsitzender Hans Tremmel, Kardinal Reinhard Marx, Ministerpräsident Markus Söder. (Foto: Kiderle)

Fotos Bildergalerie: EOM/Thomas Klinger