Kardinal Marx: „Missbrauchsbetroffene sind prophetische Stimme in der Kirche geworden“

Erzbischof dankt Missbrauchsbetroffenen für „gemeinsames Projekt“ der Aufarbeitung
Schliersee, 20. Juni 2024. Zum Abschluss der zweiten Radreise von Missbrauchsbetroffenen aus dem Erzbistum München und Freising dankte Kardinal Reinhard Marx bei einem gemeinsamen Gottesdienst am Donnerstagabend, 20. Juni, in der Pfarrkirche St. Sixtus den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tour für ihr kritisches und zugleich aktives Engagement. Zur Aufarbeitung von Missbrauch gehöre „natürlich der Blick in die Akten, die Aufklärung“, aber Aufarbeitung müsse zugleich „etwas Lebendiges, ein gemeinsames Projekt, ein aktiver Kampf gegen das Vergessen“ sein, betonte der Erzbischof von München und Freising. Mit ihrem beharrlichen Einsatz für die Aufarbeitung seien „Missbrauchsbetroffene zu einer prophetischen Stimme in der Kirche geworden“.
 
In einer gemeinsamen Predigt mit Pfarrer Kilian Semel, Leiter der Stabsstelle Beratung und Seelsorge für Betroffene von Missbrauch und Gewalt in der Erzdiözese München und Freising und selbst Missbrauchsbetroffener, sagte Marx, er sei „froh darüber, dass wir gemeinsam so weit gekommen sind. Und wir sind noch nicht am Ende!“ Aufarbeitung sei „ein langer Weg. Und dieser Weg hat auch mich, hat auch meinen Glauben zutiefst verändert“, bekannte der Kardinal. Er sei durch die Begegnung mit Betroffenen „tastender, unsicherer geworden, auch mit Blick auf das Versagen der Kirche und das Nicht-Wahr-Haben-Wollen am Anfang“. Zugleich unterstrich Marx: „Christus steht an der Seite der Verwundeten, der Verletzten, der Missbrauchten. Deshalb müssen auch wir an ihrer Seite stehen.“ Im Anschluss an den Gottesdienst traf sich der Kardinal mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tour zum vertraulichen Austausch.
 
Die Tour der Missbrauchsbetroffenen knüpfte an die Radpilgerfahrt nach Rom mit einer Audienz bei Papst Franziskus im Vorjahr an und führte unter anderem an Orte im Erzbistum, wo Missbrauch geschehen ist. Initiiert und organisiert wurde die Tour vom Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising, von der Erzdiözese wurde sie finanziell und organisatorisch maßgeblich unterstützt. Pro Tag wurden zwischen 25 und 65 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. Vor Ort tauschten sich die Radfahrer mit Betroffenen und Mitgliedern der Pfarreien aus. Nach dem Start in München am vergangenen Sonntag, wo die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Generalvikar Christoph Klingan, Amtschefin Stephanie Herrmann und Dompfarrer Klaus Peter Franzl verabschiedet wurden, führte die Tour durch den Südosten des Erzbistums, unter anderem nach Maitenbeth, wo Generalvikar Klingan eine Gedenkstele für Missbrauchsbetroffene einweihte. (ck)