Kardinal Marx: „Politik ist kein Geschäft“

Erzbischof betont beim „Gottesdienst der Nationen“ Bedeutung des Kompromisses und der Kirche
München, 28. September 2025. Kardinal Reinhard Marx hat bei der Feier des „Gottesdienstes der Nationen“ zum Abschluss der bundesweiten Interkulturellen Woche vor der Logik des Aufrüstens und des Krieges gewarnt. „Das führt zu einer unendlichen Spirale der Gewalt, die irgendwann auch eingesetzt wird und zur Ungleichheit der Menschen führt, weil die ökonomischen Ressourcen dem Militär vorbehalten sind“, sagte der Erzbischof von München und Freising am Sonntagabend, 28. September, im Münchner Liebfrauendom. „Ich bin kein Politiker, aber die Sprache, die ich überall höre, beunruhigt mich. Sie bringt uns nicht weiter. Der Krieg löst niemals ein Problem, sondern nur die Verständigung und die Erinnerung daran, dass wir gleiche Interessen haben, dass wir Menschen sind, dass wir einander respektieren sollten und dass wir einen Ausgleich finden müssen, einen Kompromiss.“
 
In Zeiten wie diesen könne man spüren, so Marx, wie sehr die Stimme der Kirche gebraucht werde, im Kleinen wie im Großen. „Wenn wir im Miteinander, zunächst als katholische Kirche, mit den verschiedenen muttersprachlichen Gemeinden, Kulturen und Traditionen, auch deutlich machen können, dass wir gut zusammenleben und Zeugnis ablegen können für die Einheit und Gleichheit aller Menschen, dann ist das ein Zeichen und ein wichtiges Element für die Botschaft: Alle Menschen sind Brüder und Schwestern! Sie gehören zusammen.“ Er betonte, dass man den Frieden nicht bewahren könne „mit immer mehr Waffen, mit Wettrüsten, Machtgehabe und ökonomischen Interessen – und indem man alles reduziert auf einen Deal, den man macht. Politik ist kein Geschäft! Sie ist das Bemühen um das Wohl aller Menschen, sie ist mühevolle Arbeit, damit wir den Frieden und die Gerechtigkeit Schritt für Schritt weiterführen.“ 
  
Zum Abschluss seiner Predigt erinnerte Kardinal Marx an die Rede von Papst Leo XIV. beim Weltjugendtreffen im August dieses Jahres in Rom, als dieser sagte, eine andere Welt sei möglich. Marx warnte davor, in Resignation und Zynismus zu verfallen: „Wenn wir das aufgeben, sind wir nicht mehr Zeuginnen und Zeugen der Hoffnung.“ Gerade das sollte aber zum Abschluss der Interkulturellen Woche und beim „Gottesdienst der Nationen“ der Auftrag sein. „Daher rufe ich euch zu wie im vergangenen Jahr: In diesem Land seid ihr willkommen! Wir gehören zusammen – in einem Erzbistum und in einer Kirche. You are all welcome!“
 
Musikalisch wurde die Messfeier in diesem Jahr vom Chor der muttersprachlichen katholischen Gemeinde München gestaltet. Der internationalen Gemeinschaft im Erzbistum gehören mehr als 300.000 Katholikinnen und Katholiken anderer Muttersprachen an.
 
Die Interkulturelle Woche findet seit 1975 Ende September statt. Die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie wird unter anderem von Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Migrantenorganisationen und Bildungsträgern unterstützt und mitgetragen. Die Interkulturelle Woche feierte ihr 50-jähriges Bestehen in diesem Jahr bereits am 16. Mai in Berlin mit einem ökumenischen Gottesdienst und einem Festakt mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bischof Georg Bätzing, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. (hor)