München, 1. Mai 2023. Der Katholikenrat der Region München spricht sich für die Beibehaltung des Paragrafen 218 StGB aus, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. Bei seiner Vollversammlung am Freitag, 28. April, in München hielt das Gremium in einer Resolution fest, dass „die in langjährigen und mühevollen Auseinandersetzungen gefundene Kompromisslösung für den Umgang mit Abtreibung“ nach § 218 beizubehalten sei, der die Strafbewehrung kombiniere „mit weitreichenden Ausnahmen und einer Beratungspflicht, die den Zugang zu umfassenden Hilfsangeboten sicherstellen soll“. Mit der Resolution fordert der Katholikenrat alle Politikerinnen und Politiker in Stadt und Landkreis München auf, sich für die Beibehaltung dieser Kompromisslösung einzusetzen und sie gegebenenfalls in diesem Sinne weiterzuentwickeln.
Jedes menschliche Leben sei so weit wie möglich zu schützen, betont der Katholikenrat im Text der Resolution. „Dabei begrüßen wir, dass der Not von Frauen in solchen Konfliktsituationen verstärkt Rechnung getragen werden soll. Allerdings sehen wir bei völliger Freigabe der Abtreibung insbesondere ohne verpflichtende Beratung und Hilfsangebote das Lebensrecht des ungeborenen Kindes nicht mehr geschützt“, heißt es in dem Text weiter.
Die Resolution erkennt an, „dass das Recht der Mutter und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes in Konfliktsituationen so unvereinbar gegeneinanderstehen können, dass es keine für alle befriedigende Lösung geben kann und wird“. Ein striktes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen treibe Frauen in die Illegalität und bringe sie in medizinisch hochprekäre und gleichzeitig sozial ungerechte Situationen. Dagegen sei in den vergangenen 40 Jahren die Zahl der Abtreibungen durch sexuelle Aufklärung, verpflichtende Beratungen vor einer Abtreibung und Hilfsangebote langsam, aber stetig gesunken. „Wir wissen aus Erfahrung, dass der Schutz werdenden Lebens niemals gegen die Frauen, sondern nur mit ihnen erfolgen kann“, heißt es der Resolution weiter: „Ihre Gewissensentscheidung ist ernst zu nehmen, und es ist ihr ausreichend Rechnung zu tragen.“
Die Vollversammlung des Katholikenrats stand unter dem Titel „Zur neuen Diskussion um §218 StGB: Wer oder was schützt ungeborenes Leben heute? Dem Leben im Werden eine Stimme geben!“. Nach einer thematischen Einführung durch die Vorsitzende Hiltrud Schönheit sprachen Olaf Tyllack, Rechtsanwalt, Bundesvorsitzender des Vereins „donum vitae“ und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, zur Neuregelung des Paragrafen 218 StGB und Konrad Hilpert, emeritierter Professor für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, zum Thema „Vor einem Paradigmenwechsel? Theologisch-ethische Gesichtspunkte zum Koalitions-Projekt ‚Aufhebung der Strafbarkeit von Abtreibungen‘“. Anschließend hatten die Teilnehmenden Gelegenheit zu Diskussion und Austausch.
Der Katholikenrat der Region München ist die höchste Vertretung der Laien in der Seelsorgsregion München der Erzdiözese München und Freising und wird von den Pfarrgemeinde- und Dekanatsräten sowie den Verbänden demokratisch gewählt. Die etwa 80 Mitglieder des Katholikenrates treffen sich jeweils im Frühjahr und im Herbst an wechselnden Orten in der Region München zu ihren Vollversammlungen. (bs)
Resolution des Katholikenrats im Wortlaut