Barocke Krippen in der Erzdiözese München und Freising

„Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.“ (Lk 2,6-7)
Sulzemoos_Krippe
Krippe Sulzemoos
In vielen Kirchen der Erzdiözese werden in diesen Tagen die Weihnachtskrippen aufgestellt, die für uns zum Sinnbild der Vorfreude auf die Geburt Christi geworden sind. Gerade barocke Krippen, die mancherorts noch erhalten sind und Jahr für Jahr ihren Platz finden, bezeugen die aufwendige und kunstfertige Gestaltung dieser Figurengruppen. Ihre Überlieferung belegt zugleich die hohe Wertschätzung und Pflege, die ihnen über die Jahrhunderte zuteil wurde. Auch heuer wollen wir Ihnen wieder einige dieser wunderbaren Krippen vorstellen. Vorangestellt ist ein kurzer Abriss über die geschichtliche Entwicklung der Weihnachtskrippe.
Die ersten Belege für Weihnachtskrippen in Bayern finden sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts für Altötting und für St. Michael in München. Beide Krippen wurden von Jesuiten aufgestellt, die zugleich mit Philip de Berlaymont (1576 – 1637) den ersten Theoretiker des Krippenbrauchs hervorbrachten. Im Jahre 1616 legte er fest, dass die Krippe mit dem Kind zwischen Maria und Joseph in einer Hausruine arrangiert werden soll. Am Dach sollte ein Stern befestigt sein, und Hirten und Engel sollten der Szene beiwohnen.

Die Anschaulichkeit des heilsgeschichtlich zentralen Ereignisses und die Anregung der Frömmigkeit standen für den Jesuiten im Vordergrund, eine Maßnahme also, die im historischen Kontext als Programm der Katholischen Reform gedeutet werden kann. Bis sich die Krippe auch in den meisten Landkirchen durchsetzen konnte, dauerte es bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Zur selben Zeit wurden überall barocke Kirchenbauten errichtet, die oft von reichen Gönnern mitfinanziert wurden. Aufgrund der Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges war das Land verarmt, und so verwundert es nicht, dass auch die Weihnachtskrippen, die vielerorts aus vielfigurigen Szenen bestanden, oft von hochrangigen Persönlichkeiten gestiftet wurden.

Für die Ausgestaltung der Figurengruppen samt Kulissen konnte manch bekannter Künstler gewonnen werden: für Straubing schuf Cosmas Damian Asam 1707 mehrere Hintergründe und Rahmungen für die Krippe von St. Jakob, und für Ettal ist Ignaz Günther für das Anfertigen von Krippenfiguren belegt. Meist waren es aber wohl einheimische Schnitzer und Maler, die mit den Arbeiten betraut wurden, und Gewänder aus Seide, Damast und Samt mit Gold- und Silberspitze wurden nicht selten von ortsansässigen Näherinnen gefertigt, die zugleich Verschlissenes ergänzen konnten.

Charakteristisch für die Krippen der Barockzeit in Bayern ist der bühnenartige Aufbau in der Gestalt von kulissenartigen Rahmungen oder weiträumigen Miniaturlandschaften mit gemalten Hintergründen. Die Landschaften sind aus natürlichen Materialien wie Holz, Moos und Stein gefertigt, und die antike Ruine, die auf den vorhergesagten Tempeleinsturz bei der Geburt Christi verweist, dient als Stall. Die Figuren sind entweder vollrund geschnitzt oder sie bestehen aus Gliedern, sodass sie verschiedene Haltungen annehmen können. Die Kleidung, ob schlicht oder prachtvoll, je nach Rolle der entsprechenden Figur, geben Zeugnis über die regionale Tracht und Kultur damaliger Zeit.

Bestehende Weihnachtskrippen wurden in den Folgejahren oftmals erweitert, sodass sie bald mancherorts an die 300 Figuren umfassten, mit denen man verschiedene Szenen darstellen konnte. Mancherorts wurden sogar eigens Regiebücher dafür verfasst. Beginnend mit Mariä Verkündigung zählen sowohl der Gang übers Gebirge, die Herbergssuche, Christi Geburt, die Verkündigung an die Hirten, die Anbetung der Könige, als auch der Kindermord zu Betlehem, die Flucht nach Ägypten, die Beschneidung, der Tempelgang und die Hochzeit zu Kanaa zum möglichen Repertoire der Krippen.

Elbach, St. Andreas

Die Elbacher Krippe zeigt, wie die Frohe Botschaft der Menschwerdung Christi in unseren bairischen Lebensraum eingefügt wurde. Bereits für das Jahr 1790 ist überliefert, dass der Mesner anhand vieler bekleideter und beweglicher Holzfiguren die Evangelien der Weihnachtszeit erklären konnte. Pfarrer Kreitmayer hat 1851 seine eigene Krippe der Pfarrei vermacht, die harmonisch in den Bestand eingegliedert wurde.

Köpfe, Körper und Gliedmaßen der etwa 30 cm großen Figuren sind aus Holz geschnitzt, farbig gefasst und lassen sich durch Holzgelenke oder Drahtverbindungen bewegen. Manche Figuren haben echtes Haar und gläserne Augen. Besonders Augenmerk verdienen die feinen, zum Teil noch originalen Gewänder, deren Pracht durch die Wahl erlesener Stoffe sowie durch die Gold- und Silberstickereien zum Ausdruck kommt. Eingebettet ist die Krippe in eine Landschaft aus Zweigen, Moos und Flechten in einen Berg aus gefärbten und mit Leim versteiften Rupfen. Daneben erhebt sich eine Stadt aus bemalten Brettern mit orientalischen und barocken Sakralbauten.

Sulzemoos, St. Johann Baptist

Die Krippe der Pfarrkirche St. Johann Baptist entstammt sicherlich dem späten 18. Jahrhundert. Die außerordentlich prachtvolle Krippe könnte im Zusammenhang mit den damals im Schloss Sulzemoos ansässigen Hofmarksherren in die Kirche gekommen sein.

Die Figuren stellen bewegliche Gliederpuppen dar, die einen Korpus aus Draht, Stroh und Stoff besitzen. Ihre Arme und Beine sind aus Holz geschnitzt und die hoch qualitätvollen Köpfe aus Wachs geformt. Dadurch erhalten die Gesichter mit Glasaugen und zum Teil echtem Haar sehr lebensnahe Züge, und die in großer Zahl noch erhaltenen barocken Kostüme zeigen eine außerordentlich reiche Ausgestaltung mit Stickerei und Spitze. Daneben gewähren volkstümliche Gewänder Einblick in die Trachtenkultur damaliger Zeit. In einer neu angefertigten Landschaft schildern die dargestellten Personen und Tiere die Geburt des Kindes in der Vorstellung barocker Frömmigkeit.

Tuntenhausen, Mariä Himmelfahrt

Der Überlieferung zufolge wurde die Tuntenhausener Krippe einst von Kurfürst Ferdinand Maria nach dem Tode seiner Gemahlin Henriette Adelaide von Savoyen gestiftet. Auf der Truhe, in der die Figuren aufbewahrt wurden, prangt noch immer das kurfürstliche Wappen mit der Jahreszahl 1678. Die heute insgesamt 250 Figuren und Kulissen stammen jedoch weitgehend aus dem 18. Jahrhundert, was auf spätere Erweiterungen und Ergänzungen der ursprünglichen Krippe zurückzuführen ist.

Die hölzernen Gliederpuppen tragen regional ländliche und höfische Tracht im Stile der Barockzeit. So sind die Bauern und Hirten etwa in Kniehosen, Jankern und gestickten Gürteln gekleidet. Auch die Gewänder der Engelsfiguren sind aufwendig mit Silber bestickt. Besonders prachtvoll sind die Gewänder aus Seide und Brokat der Könige und ihrer Gefolgschaft mit Kamelen und Elefanten gestaltet. Bemerkenswert ist auch die Fülle an unterschiedlichen Kulissen von Häusern, Schlössern, Burgen und Seen sowie Läden und Markständen mit allerlei Zubehör.

Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Krippe wohl regelmäßig nach genauen Anweisungen aufgebaut, geriet aber zunehmend in Vergessenheit. In den 1920er Jahren wurden zwar noch einige Figuren aufgestellt, wirkliche Wertschätzung kam der Tuntenhausener Krippe allerdings erst wieder seit der Restaurierung in den 1990er Jahren zuteil.

Text: Katharina Roßmy

Tittmoning, Stiftskirche

Die ältesten Figuren der Krippe - das Jesuskind, Maria und die Engel - wurden schon 1706 durch Johann Baptist Cetto restauriert und ergänzt. Der Wachsposier half auch in den folgenden Jahren mit, die Krippe weiter auszubauen. Die beweglichen Köpfe, Arme und Beine aus Wachs oder Holz sind mit Drähten an einem Rumpf aus Holz, Stoff oder sogar einem alten Gebetbuch befestigt. Die liebevoll mit individuellen Gesichtszügen versehenen Gesichter der Figuren wurden aus Wachs modelliert und mit Kreide überzogen. Für die Augen wurden mundgeblasene Glassteine eingesetzt, die den Figuren eine ganz besondere Wirkung geben.

Dieser Blütezeit der Krippe während des Barock, welcher solche aufwendigen und prächtigen Ausführungen erst möglich machte, wurde durch die Säkularisation 1803 ein jähes Ende versetzt. Nur knapp konnten die Krippenfiguren 1815 vor einem verheerenden Kirchenbrand gerettet werden. Ruß und Brandflecken wurden noch vor einigen Jahren unter den obersten Farbschichten der Schafe festgestellt.

Obwohl die Krippe ab 1850 wieder an Wertschätzung innerhalb der Gemeinde gewann, war lange Zeit an eine Finanzierung der Restaurierung nicht zu denken. Erst in den 1960er und 1970er Jahren nahmen sich Gemeindemitglieder der Krippe an und bewahrten sie so vor dem endgültigen Verfall. 1995 bis 2014 folgte eine umfassende Restaurierung.

Heute zeigt die Tittmoninger Krippe über 100 Einzelfiguren in ihrer ursprünglichen barocken Gestalt, die insgesamt sieben biblische Szenen nachspielen. Seit 2012/14 gehören zum Zug der Weisen aus dem Morgenland auch die Königin von Saba und König Salomon mit ihrem Gefolge.

Text: Katharina Roßmy (basierend auf dem Text von Mesner Rainer Zimmermann, 2019)

Frauenchiemsee, Kuratie Mariä Opferung

Im Jahre 1627 wurde in der Klosterkirche Mariä Opferung das erste Mal an Weihnachten eine Krippe aufgestellt, so schrieb es die damalige Äbtissin Magdalena Haidenbucher. Von dieser ersten Krippe sind heute noch die Figuren Maria und Joseph, das tanzende Jesulein sowie drei Hirten, vier Propheten und drei Engel erhalten geblieben. Die übrigen zahllosen Figuren kamen später hinzu. Die damit älteste Krippe des süddeutschen Raums besitzt drei Szenen: die Geburt Christi, die Anbetung der Könige und die Hochzeit von Kanaan, wobei letztere nur alle drei Jahre aufgestellt wird.

Die höchst qualitätvollen Skulpturen, die bis zu 80 cm groß sind, wurden aus Holz geschnitzt und farbig gefasst. Eine Besonderheit ist das tanzende Jesulein von Frauenwörth, das zur Huldigung durch die Könige erscheint und ihnen mit erhobenen Armen den Segensgestus zeigt.

Die Figuren tragen prächtige, seidene Gewänder oder Umhänge aus Fell, ihre Häupter werden von feinen, bestickten Kappen oder Schleiern bedeckt. Die Kleider und die Stickarbeiten wurden sicherlich zu jeder Zeit von den Nonnen gefertigt, und so ist es auch heute die Krippenschwester von Frauenwörth, die jedes Jahr diese großartigen Darstellungen in eine weitläufige, naturgetreue Landschaft einbettet.
 
 

Laufen, Stiftskirche Mariä Himmelfahrt

In der spätgotischen Pfarr- und Stiftskirche in Laufen wird jedes Jahr die großartige, barocke Krippe vor dem Rupertusaltar aufgebaut. Im Jahre 1628 findet sich die erste archivalische Erwähnung, und hochrangige Bildschnitzer wie Wolf Weißenkirchner und Josef Anton Pfaffinger haben über die Jahrhunderte daran mitgewirkt. Einst waren es an die 100 Figuren, die allerdings heute nur teilweise erhalten sind. Mit der Aufklärung wurde die Krippe nicht mehr aufgebaut, erst in den 1980er Jahren fand man eine Kiste mit barocken Köpfen, Körpern und Händen, die den Grundstein für die jetzige, prächtige Krippe legten. Sukzessive restaurierte und gewandete man die beweglichen, bis zu 80 cm großen Figuren in historische Stoffe.

Als Kulisse dient der Laufener Krippe eine Bogenruine mit gotischem Gewölbe, und zu beiden Seiten sind Mauern zu sehen. Maria thront mit ihrem Kind auf dem Schoß mittig davor, und Josef steht ihr bei. Das Laufener Bürgervolk hat sich vor ihnen versammelt, sie tragen volkstümliche, barocke Trachten aus Loden, Filz und Seide, und auf ihren Häuptern sitzen Filzhüte. Zum Lobpreis haben sie ihre Musikinstrumente mitgebracht. Die Könige erscheinen im glänzenden Damast und haben pelzverbrämte Mäntel und Kappen.
 
 

Dorfen, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt

In der bedeutenden Pfarr- und Wallfahrtskirche in Dorfen wird in der Josefskapelle eine prachtvolle, barocke Krippe gezeigt. Das erste Mal archivalisch erwähnt wird die Dorfener Krippe im Jahre 1670; der heutige Bestand, der aus fast 150 Figuren, besteht, dürfte zum Großteil im 18. Jahrhundert entstanden sein. Neben der Geburt Christi besitzt die Dorfener Krippe drei weitere Szenen: die Anbetung der Könige, die Beschneidung Christi und die Hochzeit von Kanaan. Zu den entsprechenden Festtagen wird die Darstellung abgeändert, sodass die Krippe das ganze Jahr hindurch zu bestaunen ist.

Ein hölzerner Stall bildet die Kulisse für das wunderbare Ereignis der Geburt Christi und eine weite, abendländische Landschaft breitet sich aus: Bäume und Sträucher sind zu sehen, und der Boden ist übersät von Felsen, Steinen und Moos. Die kostbaren Figuren besitzen teils aus Holz geschnitzte oder wächserne Köpfe, und ihre Kleider sind aus Seide und Damast gefertigt, teilweise reich mit Gold- und Silberfäden sowie mit Pailletten gestickt. Das nackte Kind hingegen liegt auf einem schlichten Tuch im Stroh.
 
 
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Landkarte Weihnachtskrippen

Wo im Erzbistum es weitere Weihnachtskrippen zu bestaunen gibt, zeigt eine bebilderte Landkarte auf www.erzbistum-muenchen.de/kripperl.