Orte der Sehnsucht, der Kraft und des Glücks Fünf Ausflugstipps zu Wallfahrtskirchen im Erzbistum

In früheren Zeiten waren Wallfahrten und Bittgänge, die zu heiltätigen Quellen, Reliquien oder Gnadenbildern führten, eine feste Konstante im Leben der Gläubigen. Doch auch in Zeiten der "digitalen Entörtlichung" sind Wallfahrtsorte wie Maria Eich in Planegg, Birkenstein in Fischbachau, St. Johannes der Täufer in Haunstetten, Mariä Verkündigung in Mariabrunn und Mariä Heimsuchung auf dem Mühlberg bei Waging am See als Orte des gelebten Glaubens gesucht wie eh und je.
 
Wallfahrtskirche Mariabrunn
Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung bei Mariabrunn
Derzeit ist viel von „Sehnsuchtsorten“, „Kraftorten“ oder „Glücksorten“ die Rede. Während in der Arbeits- und Wirtschaftswelt alle Zeichen auf Digitalisierung und mobiles Arbeiten stehen, scheint es in der persönlichen Spiritualität eine „Renaissance der Ortsgebundenheit“, der konkreten Verortung von Glaube und Lebenssinn zu geben. Die Menschen spüren: Es genügt nicht, Gott nur zu denken – Religiosität muss sinnlich sein, den ganzen Menschen in seiner Körperlichkeit ansprechen, und wir brauchen Glaubensstätten, die wir aufsuchen können.
Das ist nichts Neues, sondern nur eine Wiederentdeckung: In früheren Zeiten waren Wallfahrten und Bittgänge, die zu heiltätigen Quellen, Reliquien oder Gnadenbildern führten, eine feste Konstante im Leben der Gläubigen. Fünf Tipps, um dieser alten Faszination nachzuspüren.
 

Maria Eich

Wallfahrtskirche Maria Eich
Wallfahrtskirche und Augustinerkloster Maria Eich in Planegg
Vor über 300 Jahren stellten die Schmiedesöhne Franz und Kaspar Thallmayr im Planegger Wald eine kleine Marienstatue in eine hohle Stelle eines Baums. Dieser überwucherte das Bildnis bald mit seiner Rinde, sodass nur noch das Gesicht erkennbar war. 1733 wurde die Tagelöhnerin Katharina Mergerin, nachdem sie hierher gepilgert war, auf Mariens Fürbitte hin gesund.

Als 1734 der Schwaiger Georg Wastian, der bereits zwei seiner Buben verloren hatte, inständig um das Leben seiner dreijährigen Tochter betete, gelobte er den Bau einer Kapelle. Das Kind überlebte und Wastian erfüllte sein Gelübde. Die zum Gnadenbild gewordene Statue löste er aus dem Stamm heraus und stellte sie in der Kapelle auf.

Und dann war da auch noch jener Hirsch, der am 12. Oktober 1775 vom bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph durch den Forst gehetzt wurde. Die Hundemeute stellte ihn just am Wald-Heiligtum. Doch die Jagdgesellschaft verschonte das Tier, das hier den Schutz der Gottesmutter Maria gesucht hatte.

Lange Zeit ragte aus dem Kapellendach die Krone jenes Baums, der „Maria Eich“ den Namen gab – bis bei einem Sommergewitter 1805 der Blitz einschlug und ihn zerstörte. Heute ist ein Rest des Stammes im Halbdunkel eines kleinen Raums hinter der alten Wallfahrtskirche zu besichtigen. Seit 1953 sind in diesem beliebten Münchner Marienwallfahrtsort die Augustiner-Eremiten ansässig. In der neuen Kirche, 1958 von Weihbischof Johannes Neuhäusler konsekriert, befindet sich heute eine moderne Marienstatue der Münchner Künstlerin Carola Heine.
 

 

Birkenstein

Messe mit Kardinal Reinhard Marx in der Wallfahrtskapelle Birkenstein bei Fischbachau
Wallfahrtskapelle Birkenstein in Fischbachau
„Und drückt dei Herz a Sorg, a Last, in Birkastoa, bei unserer Liabn Frau, do findst a Muatterl, wiast koans host!“ heißt es in schlichten Worten über das Wallfahrtskirchlein Birkenstein bei Fischbachau. Am Fuß des Breitenstein, von Bäumen umgeben, liegt dieser Marienwallfahrtsort, ein echtes Volksheiligtum. Jedes Jahr kommen zahlreiche Pilger von nah und fern hierher.

In alter Zeit lud ein Marterl zu Rast und Andacht ein. Als 1673 der damalige Pfarrer Johann Stiglmaier von Fischbachau bei der Verrichtung seiner Andacht einnickte, hatte er einen Traum. Die Muttergottes ließ ihn wissen: „Hier an diesem Ort will ich verehrt werden, und denen die mich hier anrufen, meine Gnade mitteilen.“ So wurde eine Kapelle erbaut und eine in der Pfarrkirche schon lange verehrte Muttergottesstatue hierher übertragen. Eine große Wallfahrt setzte ein.

1710 begann der Bau des heutigen Kircherls, eine doppelstöckige Anlage: unten die Kreuzwegstationen, die 13. mit der Pieta als Gebetsraum, die 14. als Grabkapelle, schließlich im Obergeschoss ein Raum, der dem wundersamen „Heiligen Haus“ von Nazareth in Loreto in Italien nachempfunden wurde. Durch seine glänzende Ausstattung ein rokokohafter überschwänglicher Engelsreigen.

Beliebt ist der Christkindlsegen in Birkenstein: Zwischen Weihnachten und Heilig Drei König bekommt man dort in der Wallfahrtskapelle ein aus Holz geschnitztes Jesuskind mit einem Segensspruch in die Hände gelegt.

Traurig: Erst heuer mussten die Armen Schulschwestern nach 173 Jahren aufgrund von Nachwuchsmangel ihre Niederlassung in Birkenstein aufgeben. Die Erzdiözese ist bereits in Gesprächen mit einer Ordensgemeinschaft, die an der Aufgabe Interesse hat und gegebenenfalls ab Anfang 2023 in Birkenstein tätig sein wir.
 

 

Haunstetten

Wallfahrtskirche St. Johannes der Täufer in Haunstetten in Reichertshausen
Wallfahrtskirche St. Johannes der Täufer in Haunstetten
Die Kirche St. Johannes der Täufer in Haunstetten zählt zu den weniger bekannten Wallfahrtskirchen im Erzbistum. Selbst wer durch das kleine Dorf fährt, das im Dekanat Scheyern auf einem Hügelzug über dem Ilmtal liegt, bekommt meist gar nichts mit von dem Gotteshaus. Denn die Kirche ist dicht von Bäumen umringt und liegt abseits der Hauptstraße.

Mehrere Umgestaltungen und Renovierungen haben den Innenraum der Kirche im Lauf der Zeit stark verändert. Laut Chronik in den Jahren 1963 bis 1965 von einer „wohnlichen Gebetsstube“ zu einem „schlichten, kahlen Gebetsraum“ umgestaltet, erhielt der Bau vor wenigen Jahren moderne Reliefs im Altarraum. Einige alte Votivtafeln bezeugen, dass sowohl Einzelpersonen als auch ganze Pfarrgemeinden den (landschaftlich sehr schönen) Weg nach Haunstetten auf sich nahmen, um dort bei der Muttergottes Heilung für erkranktes Vieh oder Rettung bei einem menschlichen medizinischen Notfall erflehten.

„Anno 1735 hat sich die ganze Gemeinde von Ilmried, auf Haunstätten, mit einer Kirchfahrt, als mit einem Kreuzgang verlobt wegen einer Viehseuche, und sie sind erhört worden, Gott sei Dank, daß die Krankheit aufgehört hat ...“, heißt es auf einem großen Gemälde. Und eine Anna Maria Huber bedankt sich im Jahr 1869 dafür, dass sie nach dem Verschlucken einer silbernen Nadel und 17-tägigem Martyrium doch noch gerettet wurde – wobei der Votivtafel die originale Nadel wie als Beweisstück beigefügt wurde und noch heute zu sehen ist.
 

 

Mariabrunn

Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung in Mariabrunn
Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung in Mariabrunn
Wenn man es nicht wüsste, würde man im Wald zwischen Röhrmoos und Ampermoching keine Kirche vermuten. Wer es aber weiß, kommt nicht nur einmal, sondern immer wieder – denn die Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung und das ganze Schlossgut Mariabrunn, zu dem auch eine Gastwirtschaft, ein idyllischer Biergarten und ein Laden mit eigenen Erzeugnissen gehören, sind etwas Besonderes.

Mariabrunn im Bründlholz – die Namen des Guts wie auch des Waldes verraten, worauf dieser Ort zurückgeht: Im Jahr 1662 entdeckte hier ein Waldarbeiter eine heiltätige Quelle. In kürzester Zeit verbreitete sich die Nachricht vom heilbringenden Wasser, eine Gnadenkapelle sowie ein Badhaus wurden errichtet, von immer weiter her kamen die Pilger. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlangte Mariabrunn sogar Weltruhm, internationale Berühmtheiten wie Kaiserin Sisi oder Zar Alexander II. reisten ins Dachauer Hinterland, um Mariabrunn als Kurgäste zu besuchen.

Heute kommen viele Ausflügler und Besucher „nur“ als Biergartengäste und wissen oftmals gar nicht über die außergewöhnliche Geschichte des Ortes Bescheid. Doch es lohnt sich, die eigentlichen Herzstücke von Mariabrunn genauer in Augenschein zu nehmen: die Brunnenfassung der Quelle mit Handpumpe – und natürlich die Wallfahrtskirche. Nur einige wenige ihrer Besonderheiten seien hier genannt: Sie zählt zu den ganz wenigen Kirchen im Erzbistum, die in Privatbesitz sind.

Votivtafeln in dem ovalen Zentralbau erzählen Geschichten von Krankheit und Heilung; die bayerische Prinzessin Elise Ludovika, die spätere Königin von Preußen, hat sogar Krücken zurückgelassen, die sie nach ihrer Genesung nicht mehr benötigte. Ein Holzschrein auf dem Altartisch des rechten Seitenaltars enthält offenbar die Skelettreliquie eines Kindes unbekannter Identität. Und die Fenster mit den Abbildungen der Heiligen Amalia und Benedikt wurden von Kaiserin Sisi höchstselbst finanziert.

Beliebt ist die Kirche heute als Hochzeits- und Taufkirche, durchschnittlich mehr als einmal pro Woche findet hier eine Feierlichkeit statt. Zahlreiche Bittgänge aus der Umgebung haben Mariabrunn zum Ziel, und eine mittlerweile 65 Jahre alte Tradition sind die Fatima-Gottesdienste, die von Mai bis Oktober immer am 13. eines Monats stattfinden und aus einem Rosenkranz, einer Marien-Festmesse und einer Lichterprozession bestehen.
 

 

Mariä Heimsuchung bei Waging am See

Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung auf dem Mühlberg bei Waging am See
Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung auf dem Mühlberg bei Waging am See
Ist Ihnen etwas aufgefallen? Alle vier bisher beschriebenen Wallfahrtskirchen sind mehr oder weniger gut im Wald versteckt und damit aus der Ferne weitgehend unsichtbar. Daher stellen wir zum Schluss eine Kirche vor, die nur auf einer Seite von Bäumen verdeckt wird, auf der anderen Seite aber eine ganze Landschaft dominiert, die Blicke auf sich zieht und ihrerseits eine herrliche Panoramasicht bietet: Mariä Heimsuchung auf dem Mühlberg bei Waging am See.

Ähnlich wie bei der Wallfahrtskirche Maria Birnbaum bei Sielenbach ganz im Nordwesten des Erzbistums spielt auch hier, ganz im Südosten unserer Diözese, ein Birnbaum eine wichtige Rolle in der Entstehungsgeschichte der Kirche und der – noch älteren – Wallfahrt. Einer Legende nach soll im Jahr 1669 einer Magd die Muttergottes an einem Birnbaum erschienen sein und sie zum Näherkommen aufgefordert haben; als die Magd näherkam, verschwand jedoch die weißgewandete Person, zurück blieb ein kleines Muttergottesbild unter dem Baum.

Die „weltliche“ Version der Gründungsgeschichte erzählt von einem Bauern auf dem Mühlberg, der 1668 eine Wallfahrt nach Ettal unternahm. Von dort brachte er ein kleines papiernes Bild der Muttergottes von Ettal mit und heftete dieses an den Stamm eines Birnbaums auf seinem Grund. Schon bald zog dieses Marienbild Gläubige der Umgebung an, die seinetwegen auf den Mühlberg gingen und beteten. Sogleich ließ der Waginger Pfarrer vor Ort einen Opferstock aufstellen, und auch eine Holzkapelle wurde an Ort und Stelle errichtet – was einem hochrangigen Kleriker in Laufen missfiel, der Konkurrenz für eine eigene, unlängst errichtete Marienwallfahrtskirche befürchtete.

Es entfachte sich ein Streit, der ein jahrelanges Hin und Her mit erzwungener Schließung und Wiedereröffnung der Kapelle, Entfernung und Wiederaufstellung des Opferstocks und sogar die Fällung des Birnbaums mit sich brachte.

Die Volksfrömmigkeit war jedoch nicht aufzuhalten, und endlich wurde von fürstbischöflicher Seite aus Salzburg das Plazet gegeben (der Rupertiwinkel und damit auch Waging am See gehörten damals zum Erzbistum Salzburg), sodass die Wallfahrtsstätte auf dem Mühlberg „offiziell genehmigt“ war. Die Pilger kamen weiterhin in so großer Zahl, dass ein richtiger Kirchenbau nötig wurde. 1709 begannen die Bauarbeiten, bereits 1710 wurde das erste Messopfer auf dem neuen Altar gefeiert, 1713 wurde das Kirchenschiff fertiggestellt, doch erst 1757 erfolgte die Konsekration durch den Salzburger Fürsterzbischof.

Noch heute befindet sich das Marienbildchen, das der Bauer im 17. Jahrhundert aus Ettal mitgebracht hatte, in der Monstranz über dem Tabernakel. Als Besucher wird man es in der Regel nicht näher in Augenschein nehmen können – doch dafür sind an den Kirchenwänden rund 390 Votivtafeln aus 350 Jahren zu bestaunen. Wer anschließend wieder ins Freie hinausgeht und seinen Blick über den Waginger See und die malerische Umgebung schweifen lässt, spürt: Das ist ein besonderer Ort.
 
Texte: Florian Ertl, stellvertretender Chefredakteur der Münchner Kirchenzeitung, und Joachim Burghardt, Redakteur der Münchner Kirchenzeitung, Juli 2022
 
Pilgern und Wallfahrt
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Eine Einladung zu Gemeinschaft und Zwiesprache mit Gott

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