Hintergründe und Wissenswertes Wortherkunft & Abgrenzung zum Pilgern

Wallfahrtskirche Wilparting St. Marinus und St. Vitus
St. Marinus und St. Vitus, Wilparting - Foto: Christina Bolte (privat)

Ist Wallfahren nicht das gleiche wie Pilgern?

Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen einer Pilgerreise und einer Wallfahrt, obwohl die Grenzen dazwischen manchmal verschwimmen.

Das mittelhochdeutsche Wort „wallen“ bedeutet „sprudeln, bewegt fließen“, aber auch „gehen, pilgern, unterwegs sein“. Aus wallefart entstand die Wallfahrt.

Eine Wallfahrt, auch lat. Peregrinatio religiosa, ist das Zurücklegen eines Pilgerweges zu Fuß oder mit einem Transportmittel (z. B. mit dem Bus). An dessen Ziel wird eine Pilgerstätte besucht.

Das Wort „Pilgern“ kommt von lat. „pergere“ bzw. „per agere“. Das bedeutet  ursprünglich „jenseits des Ackers“ oder „in der Fremde“.
Wie auch Wallfahren bedeutet Pilgern: „unterwegs sein“, „in Bewegung sein“, „auf der Suche sein", sich auf den Weg machen zu einem heiligen Ort, der eine größere Nähe zu Gott verspricht. Das Ziel vor Augen ist: das „Haus des Herrn".

Beides - Pilgern wie auch Wallfahrten - kann unternommen werden, um ein religiöses Gebot, eine Buße oder ein Gelübde zu erfüllen oder in der Hoffnung auf die Erhörung eines Gebets. Oftmals hört man auch die Formulierung: „Beten mit den Füßen“.

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Was sind die Unterschiede?

Bei einer Wallfahrt steht nicht der Weg im Vordergrund, sondern eher das Ziel. In aller Regel ist das ein Heiligtum oder ein besonders kraftvoller, segensreicher Ort. Wallfahren wird meist in einer Gruppe vollzogen, z. B. in einer größeren organisierten Gruppe oder einer Prozession.
Anlass oder Motivation sind oftmals gemeinschaftliche Anliegen wie der Wunsch nach Schutz vor oder Dank für die Verschonung von Naturkatastrophen.[1]
So gesehen ist das Wallfahren eine Art „kollektive Gebärde einer Kultgemeinde“. [2]


Während bei der Wallfahrt Dauer, Ziel und Anliegen ganz klar definiert ist, sind es beim Pilgern eher die Begegnungen und Erlebnisse unterwegs, die den Reiz der Reise ausmachen. Als weiteres Kriterium wird angeführt, dass sich eine Pilgerfahrt eher auf Einzelpersonen bezieht. bzw. individuelle „Anliegen“ im Vordergrund stehen.
Dazu gehört heutzutage oft der Wunsch nach (Neu-)Orientierung in oder nach Lebenskrisen oder in Umbruchphasen, wie Schulabschluss oder Renteneintritt.
Früher wurde oft auch zur Danksagung, als Buße oder auch als Alternative zum Strafvollzug gepilgert. Allerdings war das zu einer Zeit, als unterwegs noch ziemlich viele Lebensgefahren lauerten und die Rückkehr oftmals ungewiss war.

So gesehen ist der wahre Grund des Pilgerns oftmals auch eine Reise zu sich selbst. Das unterscheidet es von allen anderen Formen der Fortbewegung.



[1] Eberhart, Helmut: Überall ist Wallfahrt. Ein kulturwissenschaftlicher Blick auf ein wiederentdecktes Phänomen. In: Heiliger Dienst 61 (2006) 1, S.11.
[2] Wolfgang Brückner: Kulturtechniken. Nonverbale Kommunikation, Rechtssymbolik, Religio carnalis. Würzburg 2000, zitiert bei: Dieter J. Weiß: Prozessionsforschung und Geschichtswissenschaft. In: Jahrbuch für Volkskunde N.F. 27 (2004), S. 63–79, hier S. 63f., Anm. 5.