Drei Fragen an Kardinal Reinhard Marx Kurzinterview zum Gesamtstrategieprozess

Warum brauchen wir einen Gesamtstrategieprozess?

Wir leben in einer Zeit der Beschleunigung, in einer Gesellschaft, die sich radikal verändert. Unser Auftrag, Menschen in Berührung mit Gott und dem Evangelium zu bringen, bleibt immer gleich. Wie wir ihn erfüllen, müssen wir aber stets neu ausrichten, anhand der konkreten Situation in Raum und Zeit, in die wir gestellt sind. Wir sehen tiefgreifende Veränderungen um uns herum, wir sehen, dass unsere gewohnten Ressourcen zurückgehen werden, und wir merken, dass es höchste Zeit ist, die gesamte Erzdiözese in den Blick zu nehmen und zu Prioritäten zu kommen. Wir haben eine moralische Verpflichtung, die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, sinnvoll und verantwortungsvoll einzusetzen – immer in der Zuversicht, dass Gott aus dem, was wir anstoßen, etwas Größeres macht und neue Möglichkeiten zeigt.
 
Marx Portrait
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising

Wie viel kann bleiben, wie viel muss sich ändern?

Wir sollten den Erfolg dieses Prozesses weder daran messen, wie viel wir von dem behalten können, was wir haben, noch daran, wie hoch mögliche Einsparungen sind. Im Kern geht es um etwas anderes, nämlich um eine klare Ausrichtung, eine Orientierung, wohin wir gehen wollen. Daraus können dann einzelne Entscheidungen folgen: Was hat sich bewährt, so dass wir es beibehalten? Worauf wollen wir uns konzentrieren, mit der Konsequenz, dass wir anderes zurückstellen müssen? Und, ganz wichtig: Wo ist Raum für neue Ideen, für Innovatives, Weiterführendes? Es geht um Evangelisierung in der jetzigen Zeitstunde!
 

Wie wichtig sind in dem Prozess die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden?

Sie sind der Schlüssel für das Gelingen dieses Prozesses und ein großer Schatz für die Zukunft der Erzdiözese. Der Heilige Geist konkretisiert sich in Personen: Wir sind von Gott gerufen in einen Dienst, in ein Ehrenamt, und wir haben von ihm den Auftrag, das Reich Gottes in der Welt sichtbar zu machen. Wir sollten uns immer wieder fragen: Tue ich mein Bestes, um diesen Auftrag zu erfüllen? Nutze ich meine Zeit, meine Fähigkeiten, meine Motivation, so gut ich kann? Trage ich eher dazu bei, dass wir uns im Kreis drehen, oder helfe ich mit, Dinge voranzubringen? Bin ich ein Mensch der Hoffnung? Unser Leben, unser Verstand, unsere Kreativität – das sind Geschenke Gottes, Gaben, die es einzusetzen gilt.