Papst Johannes Paul II. hat es den Ortskirchen aufgetragen, in besonderer Weise an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Dies sollte auch einen ökumenisch beredten Zug haben. Er hat die Seligsprechung vieler dieser Märtyrer gefördert und war davon überzeugt, dass die Gemeinschaft der Heiligen mit lauterer Stimme als die Urheber von Spaltungen spricht. Mit dem Gedenktag „Selige Märtyrer von Dachau“ werden diese im Erzbistum München und Freising mit einer Eigenfeier des diözesanen Kalenders fortan am 12. Juni geehrt. Damit hat sich für den Beirat Märtyrergedenken ein lange angestrebtes Anliegen verwirklicht, das vor geraumer Zeit an die Diözesanleitung herangetragen worden war.
Was ist ein Märtyrer?
„Märtyrer“ heißt übersetzt Zeuge. Die Christen der ersten Generationen legten, nachdem sie den Glauben angenommen hatten, Zeugnis von Jesus Christus ab, zunächst durch das, was sie sagten: durch die Unterweisung und in der Predigt.
Als Christen wegen ihrer Zeugenschaft im römischen Reich verfolgt wurden, wurde der Begriff Märtyrer genauer gefasst. Alle Christen, die um ihres Glaubens willen bedrängt wurden und den Blutzeugentod erlitten, hießen nun Märtyrer. Diese Terminologie setzte sich erstmals um 160 im Martyrium des Bischofs Polykarp durch. Der des Glaubens wegen hingerichtete Christ wurde als Märtyrer bezeichnet. Sein Sterben ist Zeugnis für Christus.
Was bedeutet „selig“
Die formelle Seligsprechung beinhaltet eine begrenzte Genehmigung zur Verehrung, beispielsweise durch die Ortskirche, die Heiligsprechung dagegen beinhaltet die Aufnahme in das Verzeichnis der Heiligen, den „Canon“, daher ‚Kanonisation‘.
Weil es bei den Seligen auch um die Verehrung und das fürbittende Gebet geht, kann ein Gedenktag nur für von der Kirche offiziell erklärte Selige (bzw. Heilige) gefeiert werden.
Staatliche Gedenktage wie der der 27. Januar (Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus) können dagegen ganze Gruppen von Menschen in den Blick nehmen.
Bei den Seligen steht letztlich immer das mit dem jeweiligen Schicksal verbundene Glaubenszeugnis im Mittelpunkt: In und mit seinem Leben hat der oder die Selige ein Zeugnis abgelegt für die Liebe Gottes. Im Falle der Seligen Märtyrer von Dachau bedeutet das, dass sie trotz der unmenschlichen Verhältnisse und trotz des Hasses und der eigenen Bedrohung dieses Zeugnis gegeben haben.
In diesem Glauben an die unauslöschliche Liebe Gottes sind die Seligen nicht nur Zeugen, sondern auch Vorbilder und ‚Animateure‘ für den Glauben der heutigen Menschen.
Die besondere Bedeutung des Ortes Dachau
Zwischen dem 22. März 1933 und dem 29. April 1945 waren durch das nationalsozialistische Unrechtsregime im Konzentrationslager Dachau über 200.000 Menschen inhaftiert, von denen 41.500 dort wegen Misshandlung, durch Unterernährung, sklavischem Arbeitszwang, Krankheiten und Morde ums Leben kamen.
Mit und neben den tausenden vor allem politischen Gefangenen und den aus rassistischen Motiven verfolgten Juden und Sinti und Roma sind ab 1940 bis zur Befreiung am 29. April 1945 auch über 2.700 Geistliche dort inhaftiert gewesen, 1.780 von ihnen aus Polen, von denen jeder zweite ums Leben kam.
Auch deshalb ist die heutige KZ-Gedenkstätte als Erinnerungs-, Gedenk- und Lernort für die Kirchen von besonderer Bedeutung:
So waren unter den Gefangenen auch 200 Männer, die von der Kirche als Märtyrer anerkannt und von denen bisher 56 Priester, Ordensleute und Laien seliggesprochen wurden. 47 dieser Männer kamen aus Polen, bis auf zwei gehören sie zu den 108 seligen Märtyrern, derer die Kirche in Polen jeweils auch am 12. Juni gedenkt. 46 von ihnen wurden 1999 seliggesprochen.
Mit dem Gedenken an sie verbindet die Kirche von München und Freising das Gedächtnis aller Seligen, die im Konzentrationslager Dachau bzw. an den Folgen ihres Aufenthaltes dort ihr Leben lassen mussten.
Warum dieser Gedenktag
Papst Johannes Paul II. hat es den Ortskirchen aufgetragen, in besonderer Weise an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Dies sollte auch einen ökumenisch beredten Zug haben. Er hat die Seligsprechung vieler dieser Märtyrer gefördert und war davon überzeugt, dass die Gemeinschaft der Heiligen mit lauterer Stimme als die Urheber von Spaltungen spricht. Mit dem Gedenktag „Selige Märtyrer von Dachau“ werden diese im Erzbistum München und Freising mit einer Eigenfeier des diözesanen Kalenders fortan am 12. Juni geehrt. Damit hat sich für den Beirat Märtyrergedenken ein lange angestrebtes Anliegen verwirklicht, das vor geraumer Zeit an die Diözesanleitung herangetragen worden war.
Was bedeutet das für uns?
Die Seligen von Dachau sind auch deshalb für uns wichtige und hilfreiche Persönlichkeiten, weil an ihren Lebenswegen sichtbar wird, wie sehr sie erst einmal auch Menschen sind - gerade im Ringen mit ihrem Schicksal, in ihrem Ausgeliefertsein an die menschenverachtenden Situationen, und in ihrer Suche nach dem Willen Gottes.
Auch sie kannten die Versuchung zum Hass, die Nähe zur Verzweiflung und die Versuchung, aufzugeben. Und doch haben sie immer wieder die Mitgefangenen, die Verwandten und die Nachwelt mit ihrer Hoffnung gestärkt und künden damals wie heute die Liebe Gottes zu den Menschen, die stärker ist als der Tod. Diese Hoffnung lebt aus dem Glauben an die Auferstehung.
Das Leben und Sterben dieser Seligen zeigt, dass das Böse überwunden werden kann. Trotz oder gerade wegen der menschfeindlichen Umgebung im KZ Dachau haben sie die Liebe Gottes im Gebet und in der gegenseitigen Hilfe gelebt.
Was ist ein nicht gebotener Gedenktag?
Der liturgische Gedenktag „Selige Märtyrer von Dachau“ ist eine Eigenfeier im Erzbistum München und Freising. Damit ist es seit 2017 möglich, dass bei Messfeiern am 12. Juni dieser Märtyrer gedacht wird. So wird die Erinnerung an diese Opfer des Nationalsozialismus überall in der Erzdiözese gefördert. Nicht nur am Ort des Leidens und Sterbens oder am Ort der Bestattung, sondern in unserer Lebenswelt, in den Pfarreien und überall dort, wo Kirche ist, soll die Erinnerung an diese Menschen wachgehalten werden. Sie sind Christus in besonderer Weise nachgefolgt.
Der liturgische Kalender des Erzbistums, das Direktorium, legt jedes Jahr die Termine für Gedenktage fest. Dabei gibt es vier Abstufungen: Neben den „Hochfesten“ wie Weihnachten und Ostern gibt es „Feste“, beispielsweise am 30. November für den Apostel Andreas. Dazu gibt es noch gebotene Gedenktage: am 17. Januar gilt dieser dem Heiligen Antonius. Und zuletzt kennt der liturgische Kalender nicht gebotene Gedenktage: am 12. Juni kann bei einer Messfeier der Seligen Märtyrer von Dachau gedacht werden – verpflichtend ist dies nicht, es können auch die Texte „vom Wochentag“ verwendet werden.
Zur Zeit gibt es 56 Selige Märtyrer von Dachau.
Der
Pallotinerpater Richard Henkes (* 26. Mai 1900 in Ruppach bei Montabaur - + 22. Februar 1945 Konzentrationslager Dachau) wird am
Sonntag, 15. September im Dom zu
Limburg seliggesprochen. Dort war er 1925 zum Priester geweiht worden. Damit wird Pater Henkes anerkannt und aufgenommen in die Reihe der damit 57 Seligen Märtyrer von Dachau (Gedenktag im Erzbistum München und Freising am 12. Juni).
Wie auch Pater Engelmar Unzeitig oder Stefan Wincenty Frelichowski und 17 andere hatte sich Richard Henkes im Februar 1945 freiwillig für die Pflege bei den Typhuskranken zur Verfügung gestellt. Alle wußten um die Gefahr für das eigene Leben. Nach wenigen Wochen der Seelsorge und der Pflege infizierte er sich und innerhalb von fünf Tagen starb er selbst am 22. Februar 1945.
In das Konzentrationslager Dachau war Pater Henkes am 10. Juli 1943 wegen „Kanzelmißbrauch“ gebracht worden, nachdem er am 8. April 1943 wegen einer regimekritischen Predigt in Branitz von der Gestapo verhaftet und einige Wochen in Einzelhaft gehalten worden war. Im KZ Dachau musste er wie alle anderen unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit leisten, unter anderem auf der Plantage der SS. Dabei blieb er im Glauben stark, teilte seine Lebensmittelpakete mit vielen anderen und ermutigte seine Mitgefangenen. Im KZ lernte er auch den späteren Prager Erzbischof und Kardinal Beran kennen und schätzen.
Nähere Informationen hier:
https://pater-richard-henkes.de https://bistumlimburg.de/beitrag/reliquien-zur-seligsprechung/
https://www.gedaechtnisbuch.org/gedaechtnisblaetter/?f=H&gb=9474
Titus Brandsma O.Carm.
Karmeliterpater, Niederlande
Der Professor für Philosophie und Mystik sowie Journalist engagierte sich für katholische Schulen und Zeitungen. Er kritisierte hinweg den Nationalsozialismus, wurde deshalb verhaftet, im Juni 1942 nach Dachau verbracht, dort gefoltert und mit einer Giftspritze ermordet.
*23. Februar 1881 +26. Juli 1942
Seliggesprochen am 3. Juni 1985
(Foto: imago/United Archives Internationl)
Michal Kozal
Weihbischof der Diözese Wloclawek, Polen
Kozal weigerte sich, vor den deutschen Besatzern zu fliehen und intervenierte gegen deren kirchenfeindliche Maßnahmen. Kozal blieb bis zu seiner Verhaftung bei den Menschen seines Bistums. Er wurde zusammen mit dem Priesterseminar seiner Diözese, Dozenten und Studenten und sehr vielen Geistlichen verhaftet und im April 1941 nach Dachau verbracht.
* 25. September 1893 +26. Januar 1943
Seliggesprochen am 14. Juni 1987
(By Pawel Rybka z Bydgoszczy (wlasne) [CC BY-SA 4.0-3.0-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons
Stefan Wincenty Frelichowski
Kaplan der Diözese Torun, Polen
Als Kind im polnischen Chelmza, als Ministrant, als Pfadfinder und als Priester war Frelichowski ein stets fröhlicher Mensch. Er sorgte sich im KZ-Dachau, wo er seit Dezember 1940 inhaftiert war, trotz Ansteckungsgefahr um Typhuskranke, infizierte sich und erlag dieser Krankheit.
*22. Januar 1913 +23. Februar 1945
seliggesprochen am 07.06.1999
(Foto Unbekannt)
Stanislaw Kostka Starowieyski
Laien-Apostel aus der Diözese Lublin, Polen
Der Präses der Katholischen Aktion in Lublin war auch als Häftling unermüdlich für seinen Glauben unterwegs. Als Laienchrist brachte er vielen geistige Hilfe und organisierte im KZ Dachau, wo er ab November 1940 gefangen gehalten wurde, materielle Dinge allen widrigen Umständen zum Trotz. Der Familienvater ist der einzige Laie unter den Seligen von Dachau.
*11. Mai 1895; +13. April 1941
Seliggesprochen am 13. Juni 1999
(Foto: Unbekannt)
Stanislaw Kubski
Priester der Erzdiözese Gnesen, Polen
Kubski wurde in den KZ´s Dachau und Buchenwald mit schwerster Arbeit zu Tode geschunden. Er war dort ab Oktober 1940 und wieder ab Dezember 1942. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Perlacher Forst in München.
*13. August 1876 ; +18. Mai 1942
Seliggesprochen am 13. Juni 1999
(Foto: Piotra Kubskiego)
Giuseppe Girotti OP
Priester der Diözese Turin, Italien
Der Dominikanerpater Girotti war Professor für Exegese des Alten Testaments und unterhielt ein Netzwerk zur Hilfe für verfolgte Juden. Er beschaffte sichere Versteckmöglichkeiten sowie falsche Ausweispapiere. Deshalb wurde er verhaftet und im Oktober 1944 nach Dachau verbracht, wo er in der Krankenstation verstarb.
*19. Juli 1905 +1. April 1945
Seliggesprochen am 26.04.2014
(Foto: Anonym)
Engelmar Unzeitig CMM
Mitglied der Kongregation der Missionare von Mariannhill
Geboren als Hubert Unzeitig in Greifendorf bei Zwittau in Sudetendeutschland protestierte der Ordensmann gegen die Verfolgung der Juden. Er wurde von den Nationalsozialisten wegen „tückischer Äußerungen und Verteidigung der Juden“ angezeigt und verhaftet und im Juni 1941 ins KZ Dachau gebracht. Er pflegte dort Typhuskranke und erlag selbst dieser Krankheit.
*1. März 1911 +2. März 1945
Seliggesprochen am 24. September 2016
Infos siehe auch www.engelmarunzeitig.de
(Foto: Redaktion Mariannhill)
Selige 108 Märtyrer aus Polen
Am 13. Juni 1999 hat Papst Johannes Paul II. in Warschau 108 katholische Märtyrer seliggesprochen. Sie alle wurden vom NS-Regime wegen ihres Glaubens ermordet.
45 davon waren Häftlinge im KZ Dachau, darunter Stanislaw Kubski und Stanislaw Kostka Starowieyski. Ihrer wird in Polen am 12. Juni gedacht.
Infos zur Seelsorge an der Gedenkstätte KZ Dachau unter
www.gedenkstaettenseelsorge.de weitere Infos zu
"Selige und Märtyrer aus dem KZ Dachau" unter:
www.selige-kzdachau.deAm 12.6.2017 wurde im Münchner Dom erstmals eine Heilige Messe im Gedenken an die Seligen Märtyrer von Dachau gefeiert.
mk-online.de hat darüber berichtet.
Ebenso gibt es einen Eintrag im
Gedächtnisbuch-Blog.
Hier können Sie auch die Predigt von Weihbischof Rupert Graf Stolberg nachhören.