„Immobilien und Pastoral“: Kirche stellt sich der Zukunft ihrer Gebäude Informationsveranstaltungen in Erding und Rosenheim

Unter dem Titel „Immobilien und Pastoral“ geht die Erzdiözese München und Freising einen großen Schritt in Richtung Zukunft: Bis zum Jahr 2031 sollen alle 18 Dekanate ein Gebäudeportfolio für ihre rund 3.000 pastoralen Gebäude entwickeln. Die zentrale Frage dabei lautet: Welche Gebäude brauchen wir künftig für unser kirchliches Leben – und wo können oder müssen wir uns von Immobilien trennen?
 
Informationsveranstaltungen in der Stadthalle Erding
Generalvikar Christoph Klingan bei seiner Rede vor den rund 160 Teilnehmenden in der Stadthalle Erding
Bei den ersten beiden diözesanen Informationsveranstaltungen in der Stadthalle Erding und im KUKO Rosenheim wurde deutlich: Es geht jetzt konkret los – und dafür braucht es Mut, gute Kommunikation und Offenheit.

Kirchliche Gebäude sind Orte des Glaubens, der Begegnung und der Gemeinschaft. Zugleich sind sie mit großen finanziellen und personellen Aufwänden verbunden.

Bis 2031 sollen alle Dekanate ein Gebäudeportfolio erarbeiten. Damit sollen sie:

  • sich pastoral bewusst auf bestimmte Gebäude konzentrieren.
  • die Immobilienlast deutlich reduzieren.
  • den Gebäudebestand langfristig und nachhaltig aus Eigenmitteln und Zuschüssen der Erzdiözese finanzieren können.
Konkret heißt das:

  • Welche Gebäude bleiben für die pastorale Arbeit zentral?
  • Welche können umgenutzt oder verwertet werden?
  • Welche werden aufgegeben?

Nach den beiden Pilotprojekten in Berchtesgaden und Forstenried wird das Projekt nun als nächstes auf die weiteren Teile der Dekanate München-Südwest, Berchtesgadener Land sowie das Dekanat München-Südost ausgerollt. Pro Jahr starten bis 2031 jeweils drei weitere Dekanate – der Zeitplan ist bereits mit den Dekanen abgestimmt.

Großes Interesse und offene Diskussionen

Das Interesse an den Informationsabenden in Erding und Rosenheim war groß: Jeweils knapp 160 Ehren- und Hauptamtliche aus den Dekanaten der Seelsorgsregionen Nord und Süd folgten der Einladung von Generalvikar Christoph Klingan, Amtschefin Dr. Stephanie Herrmann und Finanzdirektor Markus Reif. Sie informierten über den Stand und die nächsten Schritte des Projekts – und stellten sich den Fragen der Teilnehmenden. Das Ergebnis: eine lebhafte, offene und kritische Diskussion, ohne Scheuklappen, aber mit viel Engagement und Herzblut.

In seinem Grußwort dankte Generalvikar Christoph Klingan den Anwesenden ausdrücklich für ihr Engagement vor Ort in den Pfarreien und Pfarrverbänden. Er ordnete das Projekt in den Gesamtstrategieprozess, der 2021 gestartet wurde, ein: „Die Menschen sind wichtiger als die Gebäude. Und doch wissen wir: Wir brauchen Räume, um kirchliches Leben zu gestalten. Es braucht einen realistischen Blick auf beides.“

Er stellte die entscheidenden Fragen in den Mittelpunkt: „Welche Angebote wollen wir den Menschen machen – und wo finden diese statt? Welche Gebäude sind dafür wirklich notwendig?“

„Ein Schatz, aber auch eine Last“

Amtschefin Dr. Stephanie Herrmann verdeutlichte anhand des strategischen Kernsatzes „Die Immobilienstrategie folgt der inhaltlichen Strategie": „Dies bedeutet auch: Wo kein Bedarf mehr gesehen wird, muss die Immobilienlast reduziert werden.“ Die vielen Gebäude seien ein „Schatz, aber auch eine Last“ – für die Kirchenstiftungen als Eigentümerinnen ebenso wie für die Erzdiözese.

Finanzdirektor Markus Reif machte klar: Angesichts einer sich verändernden kirchensteuerlichen Ertragssituation können die bisherigen Aufwendungen für den Immobilienbestand auf Dauer nicht in gleicher Weise weitergeführt werden. Die Kirchensteuer als Haupteinnahmequelle lasse sich nicht durch andere Ertragsarten ersetzen – ein Umdenken im Bereich der Immobilien sei unvermeidlich.
 
Vor rund zwei Jahren haben sich die damaligen Dekanate Berchtesgaden und Forstenried als Pilotregionen auf den Weg gemacht, ein Immobilienportfolio zu entwickeln. Ziel war es, die künftigen pastoralen Schwerpunkte mit den vorhandenen Gebäudestrukturen in Einklang zu bringen.

Die gemachten Erfahrungen waren vielfältig und nicht immer einfach: Manches war erhellend und weiterführend, anderes warf neue Fragen auf und bremste die erhoffte Dynamik.

Erfahrungen aus den Pilot-Dekanaten: „Ein großes Schiff im Nebel“

Dekan Franz von Lüninck, Projektverantwortlicher im Piloten Forstenried, brachte es in seinem Impuls auf den Punkt: „Das Immobilienprojekt war anfangs wie ein großes Schiff im Nebel. Der Nebel hat sich gelichtet, es braucht aber weiterhin Mut, dieses Schiff zu steuern. Kommunikation, um Richtungsentscheidungen treffen zu können. Und Offenheit für neue Routen.“

Wie wichtig es ist, zu handeln, zeigt auch ein Blick auf die Zahlen: Für die rund 3.000 pastoralen Gebäude stehen den Kirchenstiftungen pro Jahr 50 Millionen Euro an Zuschüssen der Erzdiözese zur Verfügung – für Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen. Dieser Mitteleinsatz muss künftig noch gezielter und verantwortlicher erfolgen.

Vier zentrale Erkenntnisse aus den Pilotprojekten


Aus den Pilotprojekten in Berchtesgaden und Forstenried lassen sich für den weiteren Weg wichtige Schlüsse ziehen:

  • In beiden Dekanaten haben Ehren- und Hauptamtliche wertvolle Vorarbeit geleistet und zahlreiche Erkenntnisse zur Organisation, zu Abläufen, zur Kommunikation und zur praktischen Projektarbeit gewonnen. Auf diese Erfahrungen können sich die weiteren Dekanate stützen.
  • Die Zusammenarbeit zwischen den Dekanaten und dem Erzbischöflichen Ordinariat hat sich im Laufe der Zeit positiv entwickelt und ist inzwischen sehr gut etabliert.
  • Es gibt keine Blaupause: Jedes Dekanat muss – orientiert an den lokalen Gegebenheiten – seinen eigenen Weg finden, um ein Gebäudeportfolio zu entwickeln, das zu den Bedürfnissen der Menschen vor Ort passt. Gleichzeitig sind eine klare Rahmensetzung und Unterstützung durch die Erzdiözese unverzichtbar.
  • Wichtig ist, dass sich in Kirchenstiftungen, pfarrlichen Gremien, Gemeinden und Pfarrverbänden möglichst viele Beteiligte gemeinsam auf den Weg machen. Eine funktionierende Kommunikation ist dabei entscheidend für gute Entscheidungen.
Wie es weitergeht: Unterstützung und gemeinsamer Weg

Zum weiteren Vorgehen stellte Thomas Hoffmann-Broy, Fachreferent Gesamtstrategie im Erzbischöflichen Ordinariat, den Fahrplan für das Ausrollen des Projekts in die Dekanate vor: „Sie sind bei dieser anspruchsvollen und komplexen Aufgabe nicht allein. Das Erzbischöfliche Ordinariat steht Ihnen umfassend mit fachlicher Unterstützung zur Seite.“

Konkret bedeutet das:

  • Ein „Leitfaden für die Vorarbeiten zum Projekt“ erleichtert den Einstieg in den Prozess.
  • Die Dekanate werden bei der Erhebung des Gebäudezustands unterstützt.
  • Es werden Daten und Informationen zur Verfügung gestellt, die für die Entwicklung pastoraler Schwerpunkte wichtig sind.
Thomas Hoffmann-Broy formulierte die gemeinsame Herausforderung so: „Wir müssen uns gemeinsam der Realität stellen: Wie gehen wir mit Gebäuden um, die wir schon heute wenig nutzen und zukünftig auch nicht mehr finanzieren können? Es geht darum, zukunftsfähige Perspektiven zu entwickeln, die auch den künftigen Generationen die Gestaltung kirchlichen Lebens ermöglicht.“

„Kirche aktiv mitgestalten“

In Rosenheim war die Veranstaltung ähnlich aufgebaut. Hier stellte Robert Lappy, kommissarischer Ressortleiter Grundsatzfragen und Strategie im Ordinariat, das Projekt vor. Aus der Praxis des Pilotprojekts Berchtesgaden berichtete Manfred Weber, Verwaltungsleiter und Projektleiter vor Ort.

Am Ende der Veranstaltungen in Erding und Rosenheim ermutigte Generalvikar Christoph Klingan alle Anwesenden, sich aktiv auf das Projekt einzulassen: Die gemeinsame Motivation bleibe, die Frohe Botschaft Jesu Christi kraftvoll zu verkünden und für die Menschen da zu sein. Die Arbeit am Immobilienbestand sei kein Selbstzweck, sondern diene genau diesem Ziel.

Mit einem Gebet zum Gesamtstrategieprozess, einem Segenswort und guten Wünschen für den Heimweg endeten die Abende.