Ausstellungen

 
St. Paul 1944

Brigitte Schwacke, „Heaven’s Gate“

Aluminiumdraht, eloxiert, ca. 2,10 x 4,20 x 1,40 m, 2020-2025
St. Paul München
 
In den letzten Tagen des 2. Weltkrieges wurde der Torbogen zum Kanzelaufgang der Kirche St. Paul, Teil der von Georg von Hauberrisser entworfenen Erstausstattung der 1906 eingeweihten Kirche, zur Gänze zerstört. Auch das steinerne Geländer wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, so dass die ersten sechs Stufen ihren schützenden Handlauf verloren.

Die allermeisten Kriegsschäden an dem Gebäude wurden in den folgenden Jahrzehnten wieder ausgebessert oder geglättet. Diese Wunde, die der Krieg dem Kirchenschiff zufügte, wurde jedoch nie geheilt, so dass man nicht einmal erahnen konnte, dass der Treppenaufgang ursprünglich mit einem neugotischen Portal in Form eines Kielbogens ausgestattet war – einzig das fehlende Geländer wies auf die massive Beschädigung hin.

Es entstand der Gedanke, den Torbogen nicht konventionell zu rekonstruieren, sondern in Form einer künstlerischen Intervention an die ursprüngliche Architektur zu erinnern und doch die Wunde sichtbar zu lassen.
 
Kanzelaufgang St. Paul
Foto: Tom Fährmann
Die 1957 in Marl geborene Bildhauerin Brigitte Schwacke, Meisterschülerin von Sir Eduardo Paolozzi an der Akademie der Bildenden Künste in München, setzte sich in einem intensiven Prozess über viereinhalb Jahre mit dieser Kriegswunde auseinander.  Die Künstlerin verfolgt seit über 25 Jahren eine Strategie, bei der sie mit legierten Drähten umrisshaft filigrane Plastiken entwickelt: ihre sogenannten dreidimensionalen Raumzeichnungen. 

Umfangreiche Vorarbeiten und Experimente für die Arbeit „Heaven’s Gate“ waren notwendig bis die Ideen Form angenommen haben.
Die Künstlerin verarbeitet einen speziell eloxierten Aluminiumdraht, mit dem sie durch Biegen und Formen in Anlehnung an historische Dokumente und vorhandene architektonische Elemente des Kirchenraums eine freie Interpretation des Bogens als dreidimensionales Gebilde entstehen lässt, das zugleich Zeichnung, Skulptur und Installation ist.

Der gebrochene Messington des Drahtes ist ferner Anklang auf das Gold der Seitenaltäre, die auf die göttliche Dimension verweisen, zitiert in seiner Brechung dabei aber den technischen Charakter der bronzenen Gitter der Heizungsschächte der Kirche.

Die Enden des Drahtgeflechts laufen über die Form der Raumzeichnung ins Unendliche hinaus und signalisieren so das Unabschließbare dieses Prozesses von Vergegenwärtigen und Entschwinden, das dem Erinnern eigen ist.
 
Kanzelaufgang Brigitte Schwacke
Foto: Tom Fährmann
„In der Arbeit Heavens Gate für St. Paul wachsen Linien aus Draht aus dem Nichts, verdichten sich und lösen sich im Raum wieder auf. Es entsteht umrisshaft ein architektonischer Körper mit großem Volumen aber ohne Masse. Damit unterlaufe ich die Schwere, Massivität und Dichte, die man von einer bildhauerischen Arbeit erwartet.
In all meinen Arbeiten ist das Prozesshafte sichtbar, alles bleibt Fragment, bleibt offen. Es sind Annäherungen an das Ungefähre, das Unfassbare.
Die Welt wird nicht als feste Setzung gesehen, Leben ist eine fragile Konstruktion, ständig einer Veränderung unterworfen, von einem auf den anderen Tag kann alles anders sein.“
 
Brigitte Schwacke formuliert auf diese Weise eine filigrane Anmutung des ehemaligen Torbogens, die die Form des neugotischen Bogens vor dem inneren Auge entstehen lässt und diese doch als ephemeren Erscheinung im Bereich ungreifbaren Ahnens belässt. In diesem Zwischenraum gelingt es, einerseits eine Vorstellung der ehemaligen architektonischen Elemente zu erzeugen und andererseits die Erinnerung an ihre Zerstörung ästhetisch lebendig zu halten. Zugleich schafft Brigitte Schwacke mit „Heavens Gate“ ein ästhetisches Äquivalent für Offenbarung und Erscheinung als Qualität religiöser Erfahrung.
 
 
BRIGITTE SCHWACKE
www.brigitte-schwacke.com
 
Brigitte Schwacke 1957 in Marl/NRW geboren, lebt und arbeitet in München. Sie studierte als Meisterschülerin bei Sir Eduardo Paolozzi an der Akademie der Bildenden Künste München, erhielt u.a. das DAAD-Stipendium für Großbritannien ans Royal College of Art und war Research Assistant und Artist in Residence an der Slade School of Fine Art in London. 2009 erhielt sie den Lothar Fischer Preis des Museums-Lothar-Fischer in Neumarkt in d. Opf., 2017 Ernennung zum Ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München; es folgten Ausstellungen im In- und Ausland, sowie Arbeitsaufenthalte in Island, Italien, Afrika, Spanien, Brasilien.
 
Künstlerischer Entwurf und Ausführung: Brigitte Schwacke
Initiative und Kuratierung: Dr. Ulrich Schäfert, Erzdiözese München und Freising, Fachbereich Kunstpastoral
Kunstfachliche Begleitung: Dr. Alexander Heisig, Fachreferent für Zeitgenössische Kunst und Kirche
Vertreter des Bauherrn: Dr. Oliver Schulze Nahrup, Verwaltungsleiter der Katholischen Pfarrkirchenstiftung Heilige Edith Stein, München
Beratung: Architekten Thomas Hadersbeck und Scarlet Munding-Hadersbeck
Technische Planung und Organisation: Tom Fährmann
Eloxat: Firma Emlich
Konstruktion der Aufhängung: Maschienenbau Peter Feckl
Handlauf: Kunstschmiede J. Euteneuer
Bauherr: Pfarrei Hl. Edith Stein
Finanzielle Förderung:
-          Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst VAH
-          Erzdiözese München und Freising, Hauptabteilung Kunst
-          Erzdiözese München und Freising, Fachbereich Kunstpastoral (Entwurfsplanung)
 
Ein Projekt der Katholischen Pfarrkirchenstiftung Heilige Edith Stein München in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising mit Sitz in St. Paul und der Hauptabteilung Kunst der Erzdiözese München und Freising

Hier finden Sie den Flyer zum Kanzelaufgang.
 
Hier finden Sie den Artikel von Herrn Christian Horwedel von der Pressestelle der Erzdiözese zu „Heaven’s Gate“ von Brigitte Schwacke:

Kunstinstallation Kanzelbogen St. Paul

Osterkerze in St. Paul 2025
(c) Guido Weggenmann
Detail der Osterkerze 2025
(c) Guido Weggenmann

OSTERKERZE 2025 IN ST. PAUL VON GUIDO WEGGENMANN

„Was ist das Funktionsprinzip der Kontermutter? (…) [Es] besteht darin, zwei identische Muttern zu verwenden, die auf dieselbe Schraube geschraubt werden, und zwischen den beiden Muttern wird ein Anzugsmoment hinzugefügt, um die Schraubenverbindung zuverlässig zu machen.“ (https://de.phshuishun.com/)

Die Osterkerze 2025 für St. Paul besteht aus einem zentralen Gewinde, auf dem senkrecht angeordnete Muttern befestigt sind. Die Kerze wurde in mehr als 100 Stunden Arbeit für Recherche, Kooperation mit einem Kerzenhersteller und einem 3 D-Spezialisten sowie Hand-Guss in Wachs mit 10 % Bienenwachs durch den Bildhauer Guido Weggenmann gestaltet. Ein wesentlicher künstlerischer Ansatz des Künstlers ist es, alltägliche Gegenstände stark zu vergrößern, dadurch zu verfremden und in eine neue Realität zu bringen, die auch starke Symbolkraft entwickeln kann.
So kann diese Gestaltung der Osterkerze assoziative Deutungen eröffnen:
Die Transformation des Lebens in der Auferstehung Jesu Christi steht im Mittelpunkt der christlichen Feier des Osterfestes, für die die Osterkerze Symbol ist. Das Licht der Osterkerze ist Sinnbild für die Auferstehung – ein Zeichen des Neubeginns, der Hoffnung und des göttlichen Lichts, das in die Welt strahlt.
Die von Guido Weggenmann gestaltete Osterkerze greift diese Symbolik auf und verbindet sie mit einer tiefen Bedeutung: dem Zusammenhalt der Gemeinschaft. So kann die Kerze Symbol sein „für ein festes Bündnis der Gläubigen, für die Verbundenheit jedes Einzelnen mit der Gemeinschaft und dem Glauben. Wie die Muttern das Gewinde umschließen, so hält der Zusammenhalt die Gemeinschaft zusammen – ein starkes Gefüge, das Halt gibt und gemeinsam das Licht der Hoffnung trägt.“ (Guido Weggenmann)
Ein Zusammenhalt, der in der Botschaft Jesu jede und jeden Einzelnen in den Blick nimmt: „Das will ich euch sagen: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!“ (Mt 25,40 Hoffnung für alle). Und Paulus betont im Brief an die Galater: „Durch Christus seid ihr dazu berufen, frei zu sein, liebe Brüder und Schwestern! Aber benutzt diese Freiheit nicht als Deckmantel, um eurem alten selbstsüchtigen Wesen nachzugeben. Dient vielmehr einander in Liebe. Denn wer dieses eine Gebot befolgt: ‚Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!‘, der hat das ganze Gesetz erfüllt.“ (Gal 5,13f., Hoffnung für alle)
Guido Weggenmann: „So ist die Osterkerze Zeichen der Auferstehung und Sinnbild für die Kraft, die entsteht, wenn Menschen in Glaube, Liebe und Zuversicht vereint sind.“

Hier finden Sie den Flyer zur Osterkerze von Guido Weggenmann
 
Aufbau der Osterkerze 2025
(c) Ulrich Schäfert

Guido Weggenmann

Guido Weggenmann (1980* in Berlin) machte ab 1995 eine Ausbildung zum Holz- und Steinbildhauer und studierte ab 2002 an der Akademie der Bildenden Künste, wo er 2007 Meisterschüler bei Prof. Olaf Metzel war und 2008 mit dem Diplom abschloss. An seinem Wohnort Kempten gründete er 2018 die Kunstarkaden Kempten, die ein wichtiges Netzwerk zeitgenössischer Künstler:innen schuf und wesentliche Impulse für die Region setzte.
Weggenmann hatte zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland und erhält nationale und internationale Auszeichnungen.
Als Maler, Bildhauer, Performer und Aktionist reflektiert und inszeniert der Künstler die Bedeutung und Symbolik von Dingen der Alltagswelt in seinen künstlerischen Arbeiten.
https://guidoweggenmann.de
 

VON EWIGKEIT ZU EWIGKEIT

Detailbild einer Frau aus Hunstein: Von Ewigkeit zu Ewigkeit
VIDEOINSTALLATION VON STEFAN HUNSTEIN IN
ST. PAUL MÜNCHEN

Infoblatt
Pressemitteilung
Flyer
Artikel Süddeutsche Zeitung
Artikel MK

Seit 2014 befindet sich die Video-Installation „Gegenwart …!“ des Künstlers Stefan Hunstein im Besitz der Münchner Paulskirche. Die Arbeit entstand 2008 für eine Ausstellung im Diözesanmuseum Freising. Eine Reihe von Videoportraits mit vom Leben gezeichneten Männergesichtern verharrt in geheimnisvoller Reglosigkeit.
(Flyer "Gegenwart")

Seit 2016 zeigt der Künstler im Wechsel im rechten Seitenschiff die Installation „Zukunft“, bei der Kinder am Übergang zum Erwachsenwerden in stiller Betrachtung auf eine Lichtquelle konzentriert sind.
(Flyer "Zukunft")

Am 13. Oktober 2021 wird nun der von Anfang an geplante dritte Teil „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ eröffnet: Unterschiedliche Frauenbilder jeden Alters und jeglicher Herkunft gehen in einem endlosen Zyklus auseinander hervor. Und wenn Gott doch eine Frau wäre? Das ist nur eine von vielen spannenden Fragen, zu denen dieses neue Werk einlädt.
 
Gesamtansicht Hunstein Frauen