Reise durch die Bibel - Etappe 6
Exil: Gefährdung und Chance für den Glauben an den mitgehenden Gott

Susanne Deininger

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Das babylonische Exil war eine der größten Krisen des Volks Israel: Kein Tempel mehr, kein König mehr, die Heimat verloren, die Reichen, Mächtigen, Einflussreichen weggeführt in die Fremde. Das hätte leicht das Ende des jüdischen Glaubens sein können. Aber es wurde zum Aufbruch, zur Vergewisserung, zur Zeit theologischer Erneuerung und der Weiterentwicklung des Glaubens. Die Exilszeit war ein Blütezeit des JHWH-Glaubens, der wir zahlreiche Texte in der Bibel verdanken und in der die Gewissheit wuchs: Es gibt nur einen Gott. Alle anderen Götter sind Nichtse.

1. Einstieg

1.1. Die politische Lage
Landschaft in Israel
Das kleine Gebiet vom fruchtbaren Jordantal bis zum Mittelmeer, vom Hermonmassiv bis zum Roten Meer, das wir als Kanaan, Israel oder Palästina kennen, je nachdem von welchem Zeitraum wir sprechen, war von jeher Spielball der Großmächte, die es umgaben und immer wieder um Vorherrschaft dort bemüht waren. Die Bibel erzählt davon durch alle Zeiten ihrer Geschichte: Von der vorstaatlichen Zeit mit der Frage nach der Vorherrschaft einzelner halbnomadischer Stämme und erster Stadtstaaten bis hin zum Römischen Reich.
 
Dabei ging es nicht so sehr um den Reichtum dieses kleinen Landes oder irgendwelche bestimmten Güter, sondern vielmehr um die besondere strategische Lage Israels. Einerseits beherrschte man mit diesem Landstrich eine der wichtigsten Nord-Süd-Handelsrouten des Nahen Ostens, andererseits hatte man schnellen Zugang zum Mittelmeer und einen militärisch günstigen Standort unter Kontrolle.
 
Da war zunächst das hochentwickelte ägyptische Reich im Süden, getrennt von Israel nur durch das Gebiet der Sinai-Steppe, das begehrlich nach Norden schielte. Andererseits die wechselnden Mächte Mesopotamiens, also des uralten Kulturlandes zwischen den beiden Strömen Euphrat und Tigris im Norden, eine der fruchtbarsten Gegenden dieser Erde und eine Wiege menschlicher Kultur. Die dortigen Städte zählen zu den ältesten der Welt und auch intern war diese reiche Gegend immer umkämpft. Aber ob dort nun die Assyrer, die Neubabylonier, die Meder oder die Perser die Vorherrschaft hatten: Auch diese Reiche wussten um den Wert des kleines Israels. Immer wieder berichtet die Bibel von militärischen Bedrohungen aus dieser Richtung.
 
Besonders die biblischen Geschichtsbücher aus der Königszeit machen deutlich, wie sehr die Reiche Israel und Juda einerseits um Unabhängigkeit gerungen haben, andererseits aber auf eine politisch kluge Bündnispolitik angewiesen waren, die mal mehr und mal weniger glückte.
 
Israel war sich deutlich seiner ganz eigenen (religiösen) Identität bewusst und war stolz darauf, das Volk JHWHs zu sein und sich dadurch von anderen zu unterscheiden. Das drückte sich auch in der besonderen Form des Königtums aus, das das Land ca. 400 Jahre in relativer innerer Stabilität hielt: Im Zentrum des Königtums stand der Glaube an JHWH, den eigentlichen König Israels, und damit sein Kult und die Treue zu seinen Weisungen. Der König war diesem Glauben absolut verpflichtet.
 
Die biblische Geschichtsschreibung deutet dann folgerichtig: Traf den König und damit das Volk Unheil, musste die Ursache fehlende Treue zu den Weisungen Gottes gewesen sein. Zahlreiche Könige trifft in den Büchern der Könige und Chronik das Urteil: „Er tat, was JHWH missfiel …“ Oft wird damit nicht nur religiöses, sondern auch politisches Scheitern beschrieben, gerade auch in der Frage des richtigen Umgangs mit den Bündnispartnern, den Großmächten der Umgebung.
 
Die Anfänge des Königtums unter David und Salomon sind hochidealisiert dargestellt. Ihr geeintes israelitisches „Großreich“ war historisch gesehen wohl eher ein halbwegs friedliches, von lockeren Bündnissen geprägtes Miteinander von Stämmen, aus dem sich erst nach und nach ein Staatsgebilde entwickelte – bzw. zwei, denn bereits ca. 800 v. Chr. zerfiel diese Gemeinschaft in zwei Königreiche: Israel im Norden und Juda im Süden mit der Hauptstadt Jerusalem. Von nun an machten beide Könige ihre ganz eigene Bündnispolitik mit den sie umgebenden Mächten.
 
1.2. Der Untergang der Reiche Israel und Juda – Beginn des Exils
 
Als erstes scheitert das Nordreich an dieser Herausforderung: Unter König Pekach erobert 733 v. Chr. Tiglat-Pileser III. Israel im syrisch-ephraimitischen Krieg für das Assyrische Reich (vgl. 2 Kön 15,29). Das Nordreich wird Assur tributpflichtig. Eine lästige und unerwünschte Abhängigkeitssituation, die den Herrschenden in Israel ein Dorn im Auge ist. Als 724 v. Chr. Tiglat-Pileser stirbt und die Machtverhältnisse in Assur kurzzeitig etwas unsicher sind, setzt König Hoschea die Tributzahlungen aus.
 
Daraufhin zieht der neue assyrische König Salmanassar V. gegen Israel. Er (oder sein Nachfolger Sargon II.) erobert Samaria 722/720 v. Chr. Um dafür zu sorgen, dass in diesem Bereich keinerlei Widerstand mehr aufkommt, deportiert er die gesamte Oberschicht des Nordreichs ins Assyrische Reich. Das war eine erprobte Handlungsweise der Assyrer im Umgang mit aufständischen Regionen. Mit diesem ersten „Exil“ war Israel symbolisch gesprochen der Kopf abgeschlagen. Es war das Ende des Nordreichs.
 
Einige der Oberschicht können nach Juda und Jerusalem flüchten (vgl. 2 Kön 17). Die Spur der Deportierten verliert sich in Assur. Sie gehen in den Völkern des Assyrischen Reiches auf.
 
Im Südreich Juda weiß man natürlich um diese Vorgänge. Man sieht die Folgen der Wegführung der Oberschicht und hätte nun durchaus daraus lernen können, welche Folgen falsche Bündnisentscheidungen haben können. Aber Lernen aus der Geschichte war schon damals nicht einfach. Zumal es im Zweistromland bald zum Kampf um die Vorherrschaft kommt und sich damit die politische Landschaft verändert:
 
612 fällt das assyrische Ninive an die Meder. Die nördlichen Großmächte sind mit sich selbst beschäftigt, und schon steht Ägypten parat und sichert sich die Vorherrschaft über das Südreich Juda (vgl. 2 Kön 23,28-30). Bereits kurz danach allerdings (605 v. Chr.) holen sich die Neubabylonier unter ihrem König Nebukadnezzar dieses wieder zurück.
 
In diesem Hin-und-Her der Mächte ist die Aufgabe der Könige von Juda, für ihr Land die besten Entscheidungen zu treffen, wirklich keine einfache. Jojakim trifft 601 die folgenschwere Entscheidung, das Vasallenverhältnis zu den Neubabyloniern aufzukündigen. Unter seinem Sohn Jojachin stehen als Strafaktion dafür 598/597 v. Chr. die neubabylonischen Armeen im Land. 597 v. Chr. muss Jerusalem kapitulieren. Und wieder wird das alte probate Mittel gegen aufständische Vasallenstaaten eingesetzt: Jojachin, seine Familie und die Oberschicht werden deportiert. Laut dem Buch Jeremia (vgl. Jer 52,28) werden in dieser ersten Wegführung bereits 3023 Personen nach Babylon gebracht.
 
König der Zurückgebliebenen wird Mattanja/Zidkija, eingesetzt durch die Neubabylonier, deren Vasallenstaat Juda nun ist. Aber auch er trifft, entgegen den eindringlichen Warnungen des Propheten Jeremia (vgl. Jer 27), die falsche Entscheidung. Auch er kündigt das Vasallenverhältnis auf, mit furchtbaren Folgen, die letztlich das gesamte Volk Israel und den Glauben an JHWH aufs Spiel setzen: 587/586 v. Chr. wird Jerusalem durch die Neubabylonier erobert und zerstört. Auch der Tempel, das spirituelle Zentrum des Lands und des Volks wird geschleift. Es ist das Ende des Staates Juda und das Ende des Königtums.
 
Diese zweite Wegführung ist der Beginn dessen, was wir als die eigentliche Exilszeit verstehen.
 
1.3. Die Rolle der Propheten
 
In der Königszeit wie auch im Exil spielen Propheten eine zentrale Rolle. Aber was ist eigentlich ein Prophet?
 
Landläufig verstehen viele Menschen darunter jemanden, der die Zukunft vorhersagt. Das ist so nicht ganz richtig. Ein Prophet im biblischen Sinn ist nicht jemand, der hellsehen kann oder Zukunftsvisionen hat. Es ist ein Mann, der die Gegenwart im Licht Gottes deutet und daraus Folgen für die Zukunft ableitet. Es werden in der Bibel übrigens ganz vereinzelt auch Prophetinnen erwähnt. Vorwiegend wird aber von Männern berichtet.
 
Das griechische Wort „Prophet“ heißt übersetzt so viel wie „der, der anstelle von jemandem (in diesem Fall Gott) spricht“. Das hebräische Wort „Nabí“ heißt so viel wie „der gerufene Rufer“. Es sind also Menschen, die sich von Gott dazu berufen fühlen, an seiner Stelle zu sprechen und König und Volk auf Gottes Wege zu rufen.
 
Biblische Propheten sprechen nicht aus beruflicher Erfahrung, sondern aus dem Bewusstsein heraus, dass Gott über sie verfügt und ihnen seine Worte eingibt. Sie haben also nichts mit den im Altertum üblichen Zeichendeutern oder Orakeln zu tun. Sie unterscheiden sich von den anderen prophetischen Gestalten der damaligen Zeit:
  • Sie deuten Zeichen – aber Zeichen aus dem Alltag, keine seltsamen Orakel, wie z.B. Innereien von Opfertieren.
  • Sie beraten Könige – aber nicht, um ihnen Erfolg zu verschaffen.
  • Sie haben Visionen – setzen sich aber von berufsmäßigen Hellsehern ab.
Sie treten besonders in unruhigen Zeiten auf, um König und Volk im Namen Gottes vor den Folgen ihres Tuns zu warnen. Ihre große Zeit ist die zwischen dem 8. und 6. Jh. v. Chr., als Israel in Gefahr war, unter der Macht der benachbarten Großmächte zerrieben zu werden. Sie sind wache Beobachter der Politik und der sozialen Zustände ihrer Zeit, die Kritiker der Könige und ihr Gegenüber. Sie weisen auf Ungerechtigkeit und soziale Missstände hin, sind streitbar, oft unbeliebt, weil sie unliebsame Wahrheiten benennen, und führen ein Leben zwischen Anerkennung und härtester Anfeindung (siehe Jeremia).
 
Besonders, wenn es um die Verwässerung des Jahwe-Glaubens geht, oder gar um einen Abfall, wird ihre Sprache deutlich und scharf.
 
Ihre Rolle in der Königszeit unterscheidet sich allerdings von der im Exil deutlich. Während in der Zeit der zwei Reiche Könige und Propheten einander als dynamisch-kritisches Gegenüber zugeordnet werden können, ist ihr Gegenüber im Exil das Volk als Ganzes inmitten der tiefen religiösen und kulturellen Krise dieser Entwurzelungserfahrung.
 
Auch ihre Verkündigungsinhalte verschieben sich, von der Kritik hin zur Ermutigung, von der Ankündigung von Unheil hin zur Glaubensermutigung, zur theologischen Vertiefung und Weiterentwicklung. Sie sind Hoffnungsboten und Garanten der Einheit im Glauben an JHWH. Sie sind es, die in diese kritische Situation des Glaubens hinein wieder und wieder betonen: JHWH hat uns nicht verlassen. Er ist immer noch bei uns. Wenn wir ihm treu bleiben, wird er uns wieder heimführen.
 
Die sogenannten „großen“ Propheten Jesaja, Jeremia und Ezechiel sind es, die im Zusammenhang des Exils am wichtigsten sind. Von ihnen sind uns teils biographisch anmutende Texte überliefert, aber vor allem wirkmächtige Prophetenworte bzw. Sammlungen ihrer Reden und Taten.
 
Ihr Wirken und Reden löst sich mit dem Exil von der Rolle eines Gegenübers des Königs. Ihr Gegenüber wird mehr und mehr das ganze Volk, also vor allem die Gemeinschaft der Deportierten in Babylon.
 
Sie werden damit zu zentralen Figuren der Glaubensvergewisserung im Exil, festigen die religiöse Identität des Volkes in der Fremde und werden zu aktiven Verkündern der Hoffnung. Ihre Botschaft an die Exilsgemeinde: Bleibt JHWH treu! Er hat Euch nicht verlassen. Wie er unsere Vorfahren aus Ägypten herausgeführt hat, wird er auch uns aus dem Exil heimführen.
 
In ihren Texten spiegelt sich die enorme theologische Leistung des Volks Israel im Exil: Nicht nur die dauernde Vergewisserung des Glaubens an JHWH, sondern eine enorme theologische Entwicklung dieses Glauben, die letztendlich Volk und Glaube überlebensfähig und zukunftsfähig macht.
 
1.4 Leben und Glauben im Exil: Zwischen Gefährdung und Chance

Das Exil in Babylon war keine „babylonische Gefangenschaft“, wie man es früher gerne nannte. Die Weggeführten durften Hab und Gut mitnehmen, sie durften dort ihren Berufen nachgehen, Handel treiben, ja sogar in den „öffentlichen Dienst“ eintreten. Sie durften sich treffen, ihre eigenen Bräuche leben, ihrer eigenen Religion nachgehen. Es war keine unmittelbar lebensbedrohliche Situation. Es gab viele verschiedene solcher fremden Volksgruppen im Zweistromland. Solange sie keine politischen Intrigen planten, lebten sie ein relativ freies und gutes Leben.
Eduard Bendemann: Die trauernden Juden im Exil, circa 1832
Eduard Bendemann: Die trauernden Juden im Exil, circa 1832
Dennoch ist die Situation in der Fremde natürlich eine Zeit des Verlusts, der Verunsicherung und der Klage, wie wir z.B. im Rückblick des Psalms 137 nachspüren können: „An den Strömen von Babel, da saßen wir und wir weinten, wenn wir Zions gedachten.“ Dabei geht es um mehr als bloßes Heimweh: Es geht um die Frage des Fortbestands Israels als Volk und als Glaubensgemeinschaft.

Das Exil hätte leicht das Ende des Volks Israel und damit des Glaubens an JHWH sein können. Es steht auf Messers Schneide. Denn wesentliche Bestandteile der gelebten Religion sind mit dem Untergang Jerusalems nun verloren:

Die Heimat, das „gelobte Land“, von JHWH verheißen und geschenkt, ist verloren. Das Volk lebt in der Fremde, zunächst ohne Hoffnung auf Rückkehr. Damit ist die Identität des Volkes, das sich ganz erheblich über diesen Bezug zum gelobten Land definierte, grundsätzlich in Frage gestellt.
 
Die Geschichte des Nordreichs zeigt: Leicht kann es geschehen, dass die Deportierten in der bunten Kulturlandschaft des Zweistromlands aufgehen und ihre Identität und ihren Glauben verlieren. Denn ein gewisses Maß an Anpassung ist jetzt gefordert, um sich in der Fremde ein sicheres, neues Leben aufzubauen. Und die Hochkultur Mesopotamiens ist anziehend. Im Buch Esther spiegelt sich, dass es außerdem wohl auch zu dieser Zeit bereits das Problem der Fremdenfeindlichkeit und speziell der Judenfeindlichkeit gab.
 
Aber wie viel Anpassung ist gut und richtig, wie viel gefährdet die Identität Israels als Volk JHWHs?
 
Im Gegensatz zu den Weggeführten des Nordreichs konnten die Deportierten der zweiten Wegführung aber in geschlossenen Ortschaften siedeln. Das gab ihnen die Chance, ihre Zusammengehörigkeit zu bewahren und ihre Gemeinschaft zu leben.
 
Dazu kommt: Ein zentraler Ort der Einheit fehlt schmerzlich. Es gibt keinen Tempel mehr.
 
Bis hin zur Kultreform des Königs Joschija (zur Zeit des Untergangs des Nordreichs) zentralisierte sich der JHWH-Kult mehr und mehr an den Tempel in Jerusalem. Dieser war das eine große Zentrum des Glaubens. Dort wurde in der Gemeinschaft des Volkes gefeiert, geopfert, gebetet. Dort waren die Bibliotheken, arbeiteten die Gelehrten. Dort war Glaubenswissen und öffentliche Glaubensausübung zu Hause. Der Tempel war der Mittelpunkt und Kristallisationspunkt der religiösen Identität des Volks Israel. Und nun gibt es keinen solchen Mittelpunkt mehr. Ja, man musste ihn nicht nur zurücklassen, sondern miterleben, wie er bewusst zerstört und dem Erdboden gleichgemacht wurde. Eine große Herausforderung im Exil ist nun also, zu klären, was nun der spirituelle Mittelpunkt sein, bzw. werden könnte.
 
Zusammenfassend geht es nun darum, die Fragen zu klären: Wer sind wir als Volk Gottes in der Fremde und was hält uns hier zusammen? Was bedeutet es in dieser neuen Situation, das Volk JHWHs zu sein?
 
Das ist eine immense theologisch-religiös-kulturelle Herausforderung, die Israel im Exil auf einzigartige Weise meistert. Es gelingt nicht nur, die Gemeinschaft als Volk zu bewahren, sondern auch, die Religion und Theologie so nachhaltig und tragfähig weiterzuentwickeln, dass sie den jüdischen Glauben im und nach dem Exil zukunftsfähig macht.
 
Es erweist sich darin als Glücksfall, dass es gerade die Oberschicht war, die weggeführt wurde, denn damit sind nicht nur Adlige und Reiche, sondern vor allem auch Gebildete, Propheten und Tempelgelehrte mit im Exil. Diese sind es, die nun die Theologie weiterentwickeln.
 
Die Tatsache, dass Opfer im „unreinen“ Land ohne Tempel nicht denkbar sind, befördert die Entwicklung einer religiösen Ethik, die auch ohne Opferpraxis auskommt. Es entwickeln sich neue Perspektiven des Zusammenlebens, die sicherstellen sollen, dass Israel von nun an JHWH treu bleibt. Die Einhaltung des Sabbats und die Beschneidung werden zum zentralen Element des Jüdisch-Seins. Der Tempel bleibt zwar Sehnsuchtsobjekt und zentrales Symbol der Heimat, ist aber nicht mehr zwingend notwendig zum Jüdisch-Sein.
 
Auch die Gottesfrage muss neu gestellt werden: Bedeutet die Niederlage gegen Babylon, dass JHWH schwächer ist als Marduk und die anderen babylonischen Götter? Die Theologie im Exil kommt zu der theologischen Einsicht, dass das Geschehen von Gott so gewollt sein muss. Der Tun-Ergehen-Zusammenhang als Werkzeug der Geschichtsdeutung besagt: Die Könige und das Volk handelten nicht im Sinne Gottes, also erweist Gott am Volk seine Macht mit Hilfe der Babylonier. Das Exil ist sein Werk und seine Absicht. Nun gilt es, daraus zu lernen und JHWH angemessen zu folgen und ihm die Treue zu halten auch in der Fremde.
 
Der große Quantensprung der Theologie des Exils ist dabei die Entwicklung hin zu einem echten Monotheismus. War bisher JHWH für das Volk Israel der Eine Gott, an den sie glaubten, der sich immer wieder als stärker als die anderen Götter erwies, setzt sich nun die Überzeugung durch: Es gibt nur einen Gott. Alle anderen Götter sind Nichtse (vgl. Jes 44,6ff). JHWH bedient sich der anderen Völker, um seinen Willen zu verwirklichen. Ihre Götter sind aber nur leere Götzen.
 
In der Auseinandersetzung mit den Schöpfungsmythen Mesopotamiens (und Ägyptens) kommt es in der Folge dann auch zur Entwicklung einer eigenen jüdischen Schöpfungstheologie: JHWH ist der, der alles erschaffen hat und Herr über alles ist, was da ist.
 
Das Exil ist eine theologisch und literarisch unglaublich fruchtbare Zeit. Biblische Texte entstehen neu (Prophetentexte, Psalmen …), andere werden redaktionell neu gefasst und in einen neuen theologischen Rahmen gebracht bzw. neu erzählt für die neue Zeit. Jetzt, in der Fremde, ist es umso wichtiger, die Geschichte und die Schriften so zu fassen, dass sie den Zusammenhalt und den Glauben des Volks stärken und bewahren.
 
1.5. Seitenblick: Und was geschieht in dieser Zeit in Juda?

In Juda blieben in der Exilszeit eine große Zahl gläubiger Menschen zurück: Handwerker, Bauern, einfache Leute … Auch wenn die gesamte Führungsschicht weggeführt wurde, dürfen wir uns Juda nicht als ein „leeres Land“ vorstellen. Der nationale und religiöse Zusammenhalt war durchaus noch gewährleistet, wenn sich auch daheim eine neue Ordnung finden musste. Ein wichtiger Aspekt für die Identität der Daheimgebliebenen war, dass entgegen vieler anderer solcher Wegführungsaktionen das babylonische Regime keine eigene Oberschicht dort ansiedelte.
 
Damit war die Möglichkeit eröffnet, dass nach der Rückkehr der Weggeführten ca. 60 Jahre später (538/529 v. Chr.) sich beide Gruppen neu zusammenfinden konnten.
 
1.6. Das Ende des Exils

Im Jahr 539 v. Chr. besiegt der Perserkönig Kyros den letzten babylonischen König Nabonid. Von da an stehen Syrien und Palästina unter persischer Oberhoheit. Der Umgang der Perser mit den besiegten Völkern war allerdings sehr viel toleranter als der der Assyrer und Neubabylonier. Ihre Auffassung war: Wenn die Vasallenvölker selbständiger sein dürfen, sind sie zufriedener, und das bringt mehr Stabilität im Reich. So erlaubte Kyros 538 v. Chr. die Rückkehr der Israeliten nach Jerusalem und sogar den Wiederaufbau des Tempels dort.
 
Nach all dem Hintergrundwissen wollen wir nun den Propheten und einigen ihrer Texte begegnen, die mit der Exilszeit in Verbindung stehen und bis heute eine große Wirkung haben: Jeremia, Jesaja und Ezechiel.
Eine Warnung voraus: Prophetenworte sind nicht leicht zu lesen. Sie sind wortgewaltig, voll von Symbolik, die uns nicht immer verständlich ist. Nichtsdestotrotz sind sie ein dichtes Zeugnis der damaligen Zeit und des Glaubens.


3. Jeremia, der gescheiterte Mahner und Warner

An Jeremia kann man gut nachvollziehen, wie schwer es ein Prophet als Stimme Gottes im Gegenüber zu seinem König haben konnte. Von seinem Leben wissen wir am meisten von allen Propheten. Er hat uns vieles davon in seinen „Bekenntnissen“ hinterlassen, die ein Teil des Buches Jeremia sind (Jer 11-20). Seine Reden sind oft schwere Kost, wenn auch ab und zu Hoffnungsfunken aufsprühen. Das meiste ist Kritik, Ankündigung von Unheil, Zerstörung und Tod.
 
Er ist der Prophet, der die Könige Joschija, Jojakin und Zidkija berät, oft gegen ihren Willen. Er versucht mit aller Macht des Wortes Gottes, die politischen Fehlentscheidungen, die zum Exil führen, zu verhindern. Dafür geht er ins Gefängnis, nimmt Leid auf sich und hört doch nie auf, seine Wahrheit laut auszusprechen. Er kann das Unheil nicht verhindern, der Lauf der Geschichte erweist jedoch, dass er ein wahrer Prophet war, der die Zeichen seiner Zeit präzise zu deuten wusste.
 
Wir erfahren viel über die Zeit des Untergangs des Reiches Juda und der Stadt Jerusalem. Jeremia selbst geht nicht ins Exil nach Babylon. Er bleibt in der Stadt und wird Zeuge ihrer Zerstörung und der darauffolgenden Not.
 
Der Text ist wohl in drei Wellen entstanden: Zuerst als Sammlung seiner Aussprüche, dann kamen Erzählungen über ihn dazu, die seinem Schreiber Baruch zugeschrieben wurden. Als Letztes ist alles zusammen wohl mehrfach redaktionell überarbeitet worden.
 
Jeremia wirkte von 627 bis 587 v. Chr., das Buch Jeremia erfuhr aber Überarbeitungen bis hinein in die hellenistische Zeit. Daher finden wir in diesem Buch auch immer wieder Texte, die wohl erst im Exil oder im Rückblick darauf entstanden sind.
 
Jer 1,1-19: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Die Berufung Jeremias. Schon hier wird ihm angekündigt, dass sein Auftrag nicht leicht wird.
 
Jer 2: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Eine typische Jeremia-Rede: Er wirft dem Volk Abfall vom wahren Glauben und Unrecht vor und kündet den Untergang als Strafe Gottes an. Hier wird bereits das Exil als Folge des Fehlverhaltens von König und Volk gedeutet. Auch die Fehler in der Bündnispolitik klingen an. Vers 25 spricht davon, dass das Volk „verliebt in die Fremden“ sei und „ihnen nachlaufen“ möchte. Und in Vers 36 klingen die Bemühungen um ein Bündnis mit Ägypten gegen die Neubabylonier an. Jeremia hält nichts davon.
 
Jer 4: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Der Löwe im Norden regt sich: Ankündigung des Kriegs und der Niederlage gegen die Feinde aus dem Norden.
 
Jer 17,1-4: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Eine sprachgewaltige Vorankündigung des Exils. Im Anschluss daran ein Wort, das bereits an die Gemeinde im Exil gerichtet zu sein scheint: Was jetzt noch hilft, ist absolutes Vertrauen in JHWH. Das trägt auch durch Dürre und Wüstenzeiten.
 
Jer 17,19ff: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
In diesem wohl exilisch-nachexilischen Text geht es um die hohe Bedeutung der Heiligung des Sabbats.
 
Jer 21,1-10: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Beginn der Belagerung Jerusalems. Jeremia bringt deutlich zum Ausdruck: Der Sieg Nebukadnezzars ist gottgewollt. Er handelt im Namen Gottes
 
Jer 24,1-10: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Das Gleichnis von den Feigenkörben. Hier klingt bereits an, dass die Exilszeit auch etwas Positives hat. Die Weggeführten sind die „guten Feigen“, die Gott in der Fremde bewahrt. Ziemlich sicher ist dieser Text erst im oder nach dem Exil im Rückblick entstanden, erzählt damit etwas über das Selbstverständnis der Deportierten als Trägerinnen und Bewahrer des JHWH-Glaubens.
 
Jer 27: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Wieder ein Text, bei dem wir erkennen können, dass er die Erfahrungen des Exils bereits rückblickend beinhaltet: Die exilische Schöpfungstheologie klingt an, Nebukadnezzar wird als Erfüllungsgehilfe des Einen Gottes beschrieben. Die Herrschaft Nebukadnezzars ist gottgewollt. Der Prophet ruft das Volk zur Unterwerfung unter Nebukadnezzar und damit unter den Willen Gottes auf.
 
Jer 29: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Ein fiktiver Brief an die Verbannten des Jahres 597, der uns wieder etwas über das Selbstverständnis der deportierten Gemeinde erzählt: Findet euch ab, richtet euch ein, lebt und bleibt standhaft im Glauben an den einen Gott, bis er euch zurückkehren lässt!
 
Jer 36-38: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Dieser Abschnitt erzählt vom Ringen des Propheten mit den Königen Jojachin und Zidkija.
 
Jer 39: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Hier lesen wir dann vom Untergang Jerusalems.
 
Jer 40: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Dieses Kapitel berichtet von der Entscheidung des Propheten, nicht mit nach Babylon zu gehen, sondern beim Rest des Volkes zu bleiben.

4. Jesaja – Hoffnungsworte und ein theologischer Quantensprung
 
Die Propheten Jesaja und Jeremia
Im Jesaja-Buch sind – auch wenn es nur eines ist – drei verschiedene jesajanische Sammlungen von Prophetenworten enthalten.
 
Der erste Jesaja („Protojesaja“) trat im 8. Jh. v. Chr. auf, als Assur zur Großmacht geworden war und das Südreich Juda heftig bedrängte. Die zweite Jesajaschicht („Deuterojesaja“) ist aus der Zeit des babylonischen Exils (6. Jh. v. Chr.), der dritte Abschnitt („Tritojesaja“) wohl nach dem Ende des Exils (ca. 530) entstanden.
 
Im Jesajabuch finden wir unglaublich viele vertraute Texte. Besonders unsere Adventszeit ist von den Sprachbildern und Verheißungen des Jesaja geprägt. Das liegt auch an der immensen Popularität und Wirkungsgeschichte dieses Buches auch in der Zeit Jesu. Er selbst zitiert Jesaja oft und bezieht gerade dessen messianische Ankündigungen explizit auf sich.
 
Aus der Fülle der Texte legen wir hier das Augenmerk besonders auf die Hoffnungsbotschaft an die Israeliten im Exil, sowie auf die theologisch hochinteressanten Zeugnisse bei Jesaja.
 
Zur Zeit des Deuterojesaja ist die Katastrophe bereits eingetreten. Die Zeit ist jetzt reif für eine Wende zum Guten.
 
Die Texte sind im Exil entstanden, und zwar wohl als sich die Wende durch den Machtwechsel und den Perserkönig Kyros bereits ankündigt. Als Urheber ist vielleicht eine Prophetenschule in der Tradition des 1. Jesaja anzunehmen. Die Sprache dieser Texte ist poetisch und bildstark.
 
Ihr Ziel ist Ermutigung und Bestärkung im Glauben. Es sind Hoffnungstexte, die immer wieder betonen: Unser Gott will unsere Rettung. Er ist verlässlich; er wird uns heimführen und uns einen Neuanfang schenken.
 
Jes 40: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
„Tröstet, tröstet mein Volk!“ – Die Verheißung der Heimkehr, aus der Johannes der Täufer später zitieren wird.
 
Jes 41,21-29: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Hier ist der Monotheismus voll entwickelt. Es geht nicht mehr um einen Gott, der stärker ist als andere Götter. Nein, die anderen Götter sind nicht, es gibt sie nicht, ihre Bilder sind hohl und bedeutungslos.
 
Jes 42,1-9: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Das erste von den vier Gottesknechtsliedern, die die Tradition später auf Jesus bezog. Wer war ursprünglich mit der Bezeichnung gemeint? Kyros, der Israel ziehen lässt, der Prophet selbst, das Volk Israel …? Die Frage ist ungeklärt, das Motiv vom Gottesknecht daher offen und durchaus deutbar auch auf Jesus hin.
 
Jes 43,1-7: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Eine wunderbare Zusage der Heimkehr und des Neubeginns an die Gemeinde im Exil.
 
Jes 44,6ff: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Noch ein Beleg für den „Quantensprung“ zum Monotheismus.
 
Jes 49,1-9: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Jes 50,4-9: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Jes 52,13-53,12: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Das zweite, dritte und vierte Gottesknechtslied. Auch hier bleibt unklar, wer der Gottesknecht ist: Der Prophet selbst? Der König, der das Volk zurückkehren lässt? Besonders das letzte wurde zur Deutungshilfe der Passion Jesu und ist Lesung am Karfreitag.
 
Jes 49,5ff: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Eine weitere Heilsankündigung für Israel. Von „aufrichten“ ist da die Rede, vom „Heimführen“, von Gnade und Hilfe Gottes und sprudelnden Quellen des Neuanfangs. Wunderschön JHWHs mütterliche Sorge für sein Volk in Vers 15: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, ohne Erbarmen sein gegenüber ihrem leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergisst: Ich vergesse dich nicht.“
 
Jes 54-55: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Hier wird in wunderbaren Bildern das neue Leben für Jerusalem und das Volk Gottes gemalt. Beide Kapitel sind als Lesungen in unserer Osternacht vorgesehen: Die Schilderung des neu aufgebauten Jerusalems, erbaut aus kostbaren Steinen, gegründet auf Frieden und Gerechtigkeit. Und die Rede vom Wasser, das allen Durstigen zur Verfügung steht, vom Essen ohne Bezahlung und vom ewigen Bund, den JHWH wieder mit seinem Volk schließt.
 
Die nachexilischen Texte des dritten Jesaja (Jes 60-66) greifen diese Heilszusagen weiter auf.

5. Ezechiel
 
Der Prophet Ezechiel
Ezechiel war evtl. ein Priester, der mit der ersten Verbannungswelle 597 nach Babylon kam. Zumindest ist seine Sprache priesterlich geprägt, der Tempel spielt eine große Rolle und das Zentrum seiner Verkündigung ist die Herrlichkeit Gottes, also seine überwältigende Gegenwart und Präsenz, wie sie auch im Allerheiligsten des Tempels angenommen/erfahren wurde. Wahrscheinlich war er ein Kultprophet, der bei den Gottesdiensten im Exil aufgetreten ist. Historisch kann das aber nicht verlässlich gesichert werden.
 
Seine Schüler haben wohl dieses Buch zusammengestellt. Es erzählt sowohl vom Untergang Israels als auch von der Hoffnung auf einen Neuanfang.
 
Der Sprachstil des Buches ist schwierig, seine Visionen wirken irritierend, fast wie drogeninduziert. Dieses Buch ist schwer zu lesen. Dennoch ist er im biblischen Kontext einer der großen Propheten des Exils.
 
Ez 9-10: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Hier wird auf eigenartige Weise die Zerstörung Jerusalems und des Tempels reflektiert. Ezechiel sieht, in einer schmerzlichen Vision nach Jerusalem entrückt, die Zerstörung der Stadt und den Auszug Gottes aus seinem Heiligtum.
 
Ez 11,16ff: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Hier kommt Hoffnung auf: Ein Neuanfang wird angekündigt: Gott wird seinem Volk ein neues Herz geben (eines, das nach seinen Weisungen handeln wird) und es sammeln aus allen Richtungen, um ihm wieder das Land Israel zu schenken.
 
Das Herz-Motiv finden wir wieder in
 
Ez 36,16-38: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Auch das ist eine Lesung der Osternacht: „Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und schenke euch ein Herz aus Fleisch“ – Reinigung und Neuanfang. Hier kann man einen der großen theologischen Denkschritte des Exils erkennen: Es geht um eine innere Haltung, um Ethik, eine innere Stimmigkeit des Glaubens vom Herzen her.
 
Ez 37,1-14: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Die sogenannte Totengebeinvision: Israel soll wieder lebendig werden.
 
Ez 47,1-12: Einheitsübersetzung 2016 | Lutherbibel 2017
Die Vision von der Tempelquelle – ein Hoffnungsbild für ein neu errichtetes Israel: Heil und Leben im Überfluss gehen vom neuen Tempel aus. Das Land wird erneut verteilt, die Stadt wird zum Ort der Gegenwart JHWHs.

6. Zusammenfassung und Aktualisierung

Ohne das Unglück und die Herausforderung der Exilszeit wäre das Judentum heute ein anderes, wäre auch unser christlicher Glaube ein anderer. Die tiefe Krise dieser Zeit hat eine theologische Erneuerung und Entwicklung ausgelöst, die auch uns Christen bis heute prägt.

Das Exil erzählt von Gefährdung und Neuanfang, von Krise und Reifung, von Unglück und Gnade, von Verlust und Sehnsucht … Eine Botschaft, die auch in unserer Zeit brandaktuell und relevant ist.

Zum Weiterdenken
  • Wer lebt heute im Exil? Aus welchen Gründen? Unglaublich viele Menschen sind auf der Flucht und suchen Heimat in der Fremde, nicht aus freien Stücken oder Abenteuerlust, sondern aus Notwendigkeit. Welchen Platz haben sie?
  • Wie steht es mit den Fremden in unserem Land? Wieviel Anpassung, Integration braucht es, wieviel eigenständige Kultur dürfen/sollen sie behalten um ihrer Identität willen?
  • Wie gehen wir heute um mit den Krisen und Herausforderungen unserer Zeit – als Kirche, als Gesellschaft, als Einzelperson? Nehmen wir diese als Chance wahr, zu reifen, uns als gesamte Menschheit im Sinne Gottes zu entwickeln?
  • Wie steht es um die Propheten unserer Zeit? Denn Prophetinnen und Propheten gibt es auch heute. Sie mahnen, rufen zur Umkehr auf, kritisieren: Im Blick auf den Klimawandel, die Krise der Demokratie, die Probleme innerhalb unserer etablierten Glaubensgemeinschaften. Schenken wir ihnen Gehör? Hören wir auch in ihren Worten den Geist Gottes?
  • Wie steht es um unseren Zusammenhalt als Christen, um unsere Resilienz als Glaubende angesichts der Fragen und Krisen unserer Zeit?
  • Welchen Hoffnungsbotschaften schenke ich Vertrauen in so einer Krisenzeit?
  • Rechne ich mit dem letztlich heilvollen Wirken Gottes auch in unserer Zeit?