Selige Märtyrer von Dachau

Flyer Selige Märtyrer
Papst Johannes Paul II. hat es den Ortskirchen aufgetragen, sich für die Erinnerung an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts einzusetzen (besonders eindringlich tat er dies in seinem Apostolischen Schreiben „Tertio millennio adveniente“ vom 10. November 1994). Dies sollte auch einen ökumenisch beredten Zug haben. Er hat die Seligsprechung vieler dieser Märtyrer gefördert und war davon überzeugt, dass die Gemeinschaft der Heiligen mit lauterer Stimme spricht als die Urheber von Spaltungen. Mit dem Gedenktag „Selige Märtyrer von Dachau“, der im Jahr 2017 zum ersten Mal begangen wurde, wird diese Gruppe von Märtyrern aus der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung im Erzbistum München und Freising mit einer Eigenfeier des diözesanen Kalenders fortan immer am 12. Juni geehrt.

In diesem Jahr jährt sich bei 40 der insgesamt 57 Seligen Märtyrer von Dachau der Todestag zum 80. Mal. Ihrer wird beim Gottesdienst anlässlich des jährlichen diözesanen Gedenktags der Märtyrer von Dachau diesmal in besonderer Weise gedacht. Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, feiert den Gottesdienst am Sonntag, 12. Juni 2022 um 9 Uhr in der Todesangst-Christi-Kapelle auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau.

Was ist ein Märtyrer?
„Märtyrer“ heißt übersetzt Zeuge. Die Christen der ersten Generationen legten, nachdem sie den Glauben angenommen hatten, Zeugnis von Jesus Christus ab, zunächst durch das, was sie sagten: durch die Unterweisung und in der Predigt.

Als Christen wegen ihrer Zeugenschaft im römischen Reich verfolgt wurden, wurde der Begriff Märtyrer genauer gefasst. Alle Christen, die um ihres Glaubens willen bedrängt wurden und den Blutzeugentod erlitten, hießen nun Märtyrer. Diese Terminologie setzte sich erstmals um 160 n.Chr. im Martyrium des Bischofs Polykarp durch. Der des Glaubens wegen hingerichtete Christ wurde als Märtyrer bezeichnet. Sein Sterben ist Zeugnis für Christus.

Was bedeutet „selig“?
Die formelle Seligsprechung beinhaltet eine begrenzte Genehmigung zur Verehrung, beispielsweise durch die Ortskirche, die Heiligsprechung dagegen beinhaltet die Aufnahme in das Verzeichnis der Heiligen, den „Canon“, daher "Kanonisation".

Weil es bei den Seligen auch um die Verehrung und das fürbittende Gebet geht, kann ein Gedenktag nur für von der Kirche offiziell erklärte Selige (bzw. Heilige) gefeiert werden.

Staatliche Gedenktage wie der der 27. Januar (Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus) können dagegen ganze Gruppen von Menschen in den Blick nehmen.

Bei den Seligen steht letztlich immer das mit dem jeweiligen Schicksal verbundene Glaubenszeugnis im Mittelpunkt: In und mit seinem Leben hat der oder die Selige ein Zeugnis abgelegt für die Liebe Gottes. Im Falle der Seligen Märtyrer von Dachau bedeutet das, dass sie trotz der unmenschlichen Verhältnisse und trotz des Hasses und der eigenen Bedrohung dieses Zeugnis gegeben haben.

In diesem Glauben an die unauslöschliche Liebe Gottes sind die Seligen nicht nur Zeugen, sondern auch Vorbilder für den Glauben der heutigen Menschen.

Die besondere Bedeutung des Ortes Dachau
Zwischen dem 22. März 1933 und dem 29. April 1945 waren durch das nationalsozialistische Unrechtsregime im Konzentrationslager Dachau über 200.000 Menschen inhaftiert, von denen 41.500 dort wegen Misshandlung, durch Unterernährung, sklavischen Arbeitszwang, Krankheiten und Morde ums Leben kamen.

Mit und neben den tausenden vor allem politischen Gefangenen und den aus rassistischen Motiven verfolgten Juden und Sinti und Roma sind ab 1940 bis zur Befreiung am 29. April 1945 auch über 2.700 Geistliche dort inhaftiert gewesen, 1.780 von ihnen aus Polen, von denen jeder zweite ums Leben kam.

Auch deshalb ist die heutige KZ-Gedenkstätte als Erinnerungs-, Gedenk- und Lernort für die Kirchen von besonderer Bedeutung: So waren unter den Gefangenen auch 200 Männer, die von der Kirche als Märtyrer anerkannt und von denen bisher 57 Priester, Ordensleute und Laien seliggesprochen wurden. 47 dieser Männer kamen aus Polen, bis auf zwei gehören sie zu den 108 seligen Märtyrern, derer die Kirche in Polen jeweils auch am 12. Juni gedenkt. 46 von ihnen wurden 1999 seliggesprochen.

Mit dem Gedenken an sie verbindet die Kirche von München und Freising das Gedächtnis aller Seligen, die im Konzentrationslager Dachau bzw. an den Folgen ihres Aufenthaltes dort ihr Leben lassen mussten.

Warum dieser Gedenktag?
Papst Johannes Paul II. hat es den Ortskirchen aufgetragen, in besonderer Weise an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Dies sollte auch einen ökumenisch beredten Zug haben. Er hat die Seligsprechung vieler dieser Märtyrer gefördert und war davon überzeugt, dass die Gemeinschaft der Heiligen mit lauterer Stimme als die Urheber von Spaltungen spricht. Mit dem Gedenktag „Selige Märtyrer von Dachau“ werden diese im Erzbistum München und Freising mit einer Eigenfeier des diözesanen Kalenders fortan am 12. Juni geehrt. Damit hat sich für den Beirat Märtyrergedenken ein lange angestrebtes Anliegen verwirklicht, das vor geraumer Zeit an die Diözesanleitung herangetragen worden war.
 
Was bedeutet das für uns?
Die Seligen von Dachau sind auch deshalb für uns wichtige und hilfreiche Persönlichkeiten, weil an ihren Lebenswegen sichtbar wird, wie sehr sie erst einmal auch Menschen sind - gerade im Ringen mit ihrem Schicksal, in ihrem Ausgeliefertsein an die menschenverachtenden Situationen, und in ihrer Suche nach dem Willen Gottes.

Auch sie kannten die Versuchung zum Hass, die Nähe zur Verzweiflung und die Versuchung aufzugeben. Und doch haben sie immer wieder die Mitgefangenen, die Verwandten und die Nachwelt mit ihrer Hoffnung gestärkt und künden damals wie heute die Liebe Gottes zu den Menschen, die stärker ist als der Tod. Diese Hoffnung lebt aus dem Glauben an die Auferstehung.

Das Leben und Sterben dieser Seligen zeigt, dass das Böse überwunden werden kann. Trotz oder gerade wegen der menschfeindlichen Umgebung im KZ Dachau haben sie die Liebe Gottes im Gebet und in der gegenseitigen Hilfe gelebt.

Was ist ein nicht gebotener Gedenktag?
Der liturgische Gedenktag „Selige Märtyrer von Dachau“ ist eine Eigenfeier im Erzbistum München und Freising. Damit ist es seit 2017 möglich, dass bei Messfeiern am 12. Juni dieser Märtyrer gedacht wird. So wird die Erinnerung an diese Opfer des Nationalsozialismus überall in der Erzdiözese gefördert. Nicht nur am Ort des Leidens und Sterbens oder am Ort der Bestattung, sondern in unserer Lebenswelt, in den Pfarreien und überall dort, wo Kirche ist, soll die Erinnerung an diese Menschen wachgehalten werden. Sie sind Christus in besonderer Weise nachgefolgt.

Der liturgische Kalender des Erzbistums, das Direktorium, legt jedes Jahr die Termine für Gedenktage fest. Dabei gibt es vier Abstufungen: Neben den „Hochfesten“ wie Weihnachten und Ostern gibt es „Feste“, beispielsweise am 30. November für den Apostel Andreas. Dazu gibt es noch gebotene Gedenktage: am 17. Januar zum Beispiel gilt dieser dem Mönchsvater Antonius. Und zuletzt kennt der liturgische Kalender nicht gebotene Gedenktage: am 12. Juni kann bei einer Messfeier der Seligen Märtyrer von Dachau gedacht werden – verpflichtend ist dies nicht, es können auch die Texte „vom Wochentag“ verwendet werden.
 
Zurzeit gibt es 57 Selige Märtyrer von Dachau.
 

Richard Henkes
Der Pallotinerpater (* 26. Mai 1900 in Ruppach bei Montabaur - + 22. Februar 1945 Konzentrationslager Dachau) wurde am 15. September 2019 als bislang letzter von ihnen im Dom zu Limburg seliggesprochen. Dort war er 1925 zum Priester geweiht worden. In das Konzentrationslager Dachau war Pater Henkes am 10. Juli 1943 wegen „Kanzelmissbrauch“ gebracht worden, nachdem er wegen einer regimekritischen Predigt in Branitz von der Gestapo verhaftet worden war. Wie auch andere hatte sich Richard Henkes im Februar 1945 freiwillig für die Pflege bei den Typhuskranken zur Verfügung gestellt. Nach wenigen Wochen der Seelsorge und der Pflege infizierte er sich und innerhalb von fünf Tagen starb er selbst am 22. Februar 1945.
 
Nähere Informationen hier:
https://pater-richard-henkes.de
https://bistumlimburg.de/beitrag/reliquien-zur-seligsprechung/
https://www.gedaechtnisbuch.org/gedaechtnisblaetter/?f=H&gb=9474

Brandsma
Titus Brandsma O.Carm.
Karmeliterpater, Niederlande
Der Professor für Philosophie und Mystik sowie Journalist engagierte sich für katholische Schulen und Zeitungen. Er kritisierte  den Nationalsozialismus, wurde deshalb verhaftet, im Juni 1942 nach Dachau verbracht, dort gefoltert und mit einer Giftspritze ermordet.
*23. Februar 1881 +26. Juli 1942
Seliggesprochen am 3. Juni 1985
Heiliggesprochen am 15. Mai 2022

Portrait von Titus Brandsma anlässlich seiner Heiligsprechung

Kozal
Michal Kozal
Weihbischof der Diözese Wloclawek, Polen
Kozal weigerte sich, vor den deutschen Besatzern zu fliehen und intervenierte gegen deren kirchenfeindliche Maßnahmen. Kozal blieb bis zu seiner Verhaftung bei den Menschen seines Bistums. Er wurde zusammen mit dem Priesterseminar seiner Diözese, Dozenten und Studenten und sehr vielen Geistlichen verhaftet und im April 1941 nach Dachau verbracht.
* 25. September 1893 +26. Januar 1943
Seliggesprochen am 14. Juni 1987

Leisner
Karl Leisner
Diakon der Diözese Münster
„Segne auch, Höchster, meine Feinde“ betete Leisner, der in seiner Heimat am Niederrhein ein charismatischer Jugendleiter war und im KZ Dachau, wo er ab 1940 gefangen war, geheim am 17. Dezember 1944 zum Priester geweiht wurde. Leisner überlebte – todkrank – die Gefangenschaft und starb kurze Zeit später in einem Sanatorium in Planegg an Typhus.
*28. Februar 1915 + 12. August 1945
Seliggesprochen am 23. Juni 1996


Frelichowski
Stefan Wincenty Frelichowski
Kaplan der Diözese Torun, Polen
Als Kind im polnischen Chelmza, als Ministrant, als Pfadfinder und als Priester war Frelichowski ein stets fröhlicher Mensch. Er sorgte sich im KZ-Dachau, wo er seit Dezember 1940 inhaftiert war, trotz Ansteckungsgefahr um Typhuskranke, infizierte sich und erlag dieser Krankheit.
*22. Januar 1913 +23. Februar 1945
seliggesprochen am 07.06.1999


Starowieyski
Stanisław Kostka Starowieyski
Laien-Apostel aus der Diözese Lublin, Polen
Der Präses der Katholischen Aktion in Lublin war auch als Häftling unermüdlich für seinen Glauben unterwegs. Als Laienchrist brachte er vielen geistige Hilfe und organisierte im KZ Dachau, wo er ab November 1940 gefangen gehalten wurde, materielle Dinge allen widrigen Umständen zum Trotz. Der Familienvater ist der einzige Laie unter den Seligen von Dachau.
*11. Mai 1895; +13. April 1941
Seliggesprochen am 13. Juni 1999

Kubski
Stanisław Kubski
Priester der Erzdiözese Gnesen, Polen
Kubski wurde in den KZs Dachau und Buchenwald mit schwerster Arbeit zu Tode geschunden. Er war dort ab Oktober 1940 und wieder ab Dezember 1942. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Perlacher Forst in München.
*13. August 1876 ; +18. Mai 1942
Seliggesprochen am 13. Juni 1999



Hirschfelder
Gerhard Hirschfelder
Priester der Erzdiözese Prag, Tschechien
Der als Jugendseelsorger in der schlesischen Grafschaft Glatz (im heutigen Tschechien) beliebte Priester predigte: „Wer der Jugend den Glauben an Christus aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher!“ Dafür wurde er verhaftet und starb im KZ Dachau, wo er seit Dezember 1941 war, an Entkräftung.
*17. Februar 1907 + 01.August 1942
Seliggesprochen am 19. September 2010

Portrait von Gerald Hirschfelder anlässlich seines 80. Todestages

Infos siehe auch www.kaplanhirschfelder.de


Häfner
Georg Häfner
Priester der Diözese Würzburg
Häfner verweigerte den Hitlergruß und erhielt von staatlicher Seite das Verbot, Kommunion- und Firmunterricht an der Schule zu halten. Er wurde verhaftet und im Dezember 1941 in das KZ Dachau gebracht, weil er einem Nationalsozialisten die Sterbesakramente gespendet und diesen zum Wiedereintritt in die Kirche bewegt hatte.
*19. Oktober 1900 +20. August 1942
Seliggesprochen am 15. Mai 2011

Portrait von Georg Häfner anlässlich seines 80. Todestages.


Andritzki
Alojs Andritzki
Priester der Diözese Dresden-Meißen
Der Sorbe aus Ratibor war ein begeisternder Jugendkaplan und wurde wegen seiner ablehnenden Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber verhaftet und im Oktober 1941 nach Dachau verbracht. Als er im Krankenlager nach einem Priester fragte, erhielt Andritzki zur Antwort: „Christus will er? Eine Spritze bekommt er!“ und wurde durch eine Giftinjektion ermordet.
*2. Juli 1914 +3. Februar 1943
Seliggesprochen am 13. Juni 2011

Infos siehe auch www.bistum-dresden-meissen.de/bistum/alojs-andritzki  und www.andritzki.de

GIROTTI
Giuseppe Girotti OP
Priester der Diözese Turin, Italien
Der Dominikanerpater Girotti war Professor für Exegese des Alten Testaments und unterhielt ein Netzwerk zur Hilfe für verfolgte Juden. Er beschaffte sichere Versteckmöglichkeiten sowie falsche Ausweispapiere. Deshalb wurde er verhaftet und im Oktober 1944 nach Dachau verbracht, wo er in der Krankenstation verstarb.
*19. Juli 1905 +1. April 1945
Seliggesprochen am 26.04.2014

Unzeitig
Engelmar Unzeitig CMM
Mitglied der Kongregation der Missionare von Mariannhill
Geboren als Hubert Unzeitig in Greifendorf bei Zwittau in Sudetendeutschland protestierte der Ordensmann gegen die Verfolgung der Juden. Er wurde von den Nationalsozialisten wegen „tückischer Äußerungen und Verteidigung der Juden“ angezeigt und verhaftet und im Juni 1941 ins KZ Dachau gebracht. Er pflegte dort Typhuskranke und erlag selbst dieser Krankheit.
*1. März 1911 +2. März 1945
Seliggesprochen am 24. September 2016

Infos siehe auch www.engelmarunzeitig.de
 

Selige 108 Märtyrer aus Polen
Am 13. Juni 1999 hat Papst Johannes Paul II. in Warschau 108 katholische Märtyrer seliggesprochen. Sie alle wurden vom NS-Regime wegen ihres Glaubens ermordet.

45 davon waren Häftlinge im KZ Dachau, darunter Stanisław Kubski und Stanisław Kostka Starowieyski. Ihrer wird in Polen am 12. Juni gedacht.


 

Infos zur Seelsorge an der Gedenkstätte KZ Dachau unter
www.gedenkstaettenseelsorge.de 
  
Weitere Infos zu "Selige und Märtyrer aus dem KZ Dachau" unter: www.selige-kzdachau.de

Am 12.6.2017 wurde im Münchner Dom erstmals eine Heilige Messe im Gedenken an die Seligen Märtyrer von Dachau gefeiert.

Ebenso gibt es einen Eintrag im Gedächtnisbuch-Blog.

Hier können Sie auch die Predigt von Weihbischof Rupert Graf Stolberg nachhören.