Zu Beginn des 20.Jahrhunderts kamen Tausende Menschen nach München. Das Leben in der Großstadt war ganz anders als auf den Dörfern. Für viele war es schwer, sich an das Stadtleben zu gewöhnen.
Der Erzbischof von München und Freising, Franz von Bettinger, erkannte die Not der Menschen. Er bat die Jesuiten, ihm einen jüngeren Pater als Seelsorger für diese „Zugereisten“ zur Verfügung zu stellen.
Im Januar 1912 traf der 36-jährige Volksmissionar Pater Rupert Mayer in München ein. Er war in Stuttgart als Kaufmannssohn aufgewachsen und hatte ein Semester seines Theologiestudiums auch in München verbracht. Das Stadtleben war ihm also vertraut und er ging sofort voller Eifer an die Arbeit.
Seine Aufgabe war in doppelter Weise anspruchsvoll: Den vielen Arbeiterinnen und Arbeitern war das Leben in der Großstadt fremd. Aber auch in der katholischen Kirche fanden die meisten keinen Halt mehr. Auf dem Katholikentag von Mainz 1911 nannte daher der Speyrer Bischof Michael Faulhaber „die Rückeroberung der Arbeiterwelt (…) eine der drängenden Zeitaufgaben“ (*)
Pater Rupert Mayer baute einen Mitarbeiterkreis aus den Standesvereinen auf und schulte sie. Mit ihrer Hilfe konnte er die neu in München eingetroffenen Katholiken ausfindig machen und Kontakt zu ihnen aufnehmen. Es war eine Pionierarbeit, die er in diesen Jahren vollbrachte.
Nicht nur Tausende Arbeiter kamen monatlich nach München, auch Mädchen und Frauen waren darunter, die Arbeit suchten oder eine Lehre machen wollten. So war Pater Rupert Mayer bei der Gründung einer neuen religiösen Gemeinschaft beteiligt, die sich um werkstätige junge Mädchen kümmerte. Er wurde der Gründungsspiritual der „Schwestern der Heiligen Familie“.
Der Beginn des ersten Weltkrieges brachte für diese wichtige Seelsorge an den „Zugereisten“ einen Einschnitt. Pater Rupert Mayer meldete sich für die
Seelsorge an den Soldaten.
(*) Wilhelm Sandfuchs, in Christenleben im Wandel der Zeit, Zweiter Band, Hrsg. Georg Schwaiger, München 1987, S. 307
Pater Rupert Mayer mit einem der von ihm aufgebauten Helferkreise
(Foto: Archiv der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten (APECESJ), Abt. 800, 6692)