Nach 2010 wurde Anfang 2022 ein weiteres Gutachten veröffentlicht über sexualisierte Gewalt von Priestern, Ordensleuten und kirchlichen Mitarbeitenden an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Erzdiözese München und Freising.
Allen in der Gesellschaft ist nun klar, in welcher Dimension und in welchem Ausmaß Missbrauch stattgefunden hat und dass es vermutlich nur die Spitze des Eisbergs ist, den die Gutachter beschreiben.
In ungezählten Telefonaten und persönlichen Gesprächen mit Betroffenen, Gläubigen, Priestern und Mitarbeitenden der Kirche wie auch Menschen aus ganz Deutschland haben wir seither als unabhängiger Betroffenenbeirat in der Erzdiözese München und Freising ein hohes Maß an Solidarität erlebt. Wir haben diesen Zuspruch genutzt, um Forderungen, Bitten und Anregungen Betroffener an Kardinal Reinhard Marx, Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Dr. Stephanie Herrmann heranzutragen. Durch intensiven Austausch sowie zielführende Gespräche haben wir gemeinsam eine tragfähige Basis für Aufarbeitung geschaffen und bereits erste Ziele erreicht. Wir danken sehr herzlich für die Bereitschaft dazu und die Unterstützung bei der Umsetzung.
Trotz alledem haben wir noch einen weiten, steinigen Weg vor uns und stellen uns unter anderem Fragen wie: „Kann Kirche Aufarbeitung allein schaffen?“ ... „Muss der Freistaat Bayern eine federführende Rolle einnehmen und damit ebenfalls Verantwortung übernehmen?“ ... „Was können wir dazu beitragen, das Dunkelfeld zu beleuchten?“ ... „Was ist zu tun, damit Schadenersatz und finanzielle Leistungen für die geschehenen Verbrechen angemessen sind?“ ... „Wie können Betroffene wieder zu ihrem Glauben finden?“ ... usw.
Alles in allem hegen wir die Hoffnung und Zuversicht, dass wir durch unsere Arbeit, zusammen mit dem Mut und der Standhaftigkeit der Betroffenen wie auch der Unterstützung aller Verantwortlichen in Kirche, Staat und Gesellschaft, die Ziele erreichen, die uns allen gemeinsam sind. Wir hoffen auch, dass wir mit unserem Bestreben dazu beitragen, eine Änderung in Bewusstsein, Sensibilität und Verantwortung der gesamten Gesellschaft in Bezug auf sexuellen Missbrauch von Kindern herbeizuführen.
Richard Kick
Sprecher des unabhängigen Betroffenenbeirats in der Erzdiözese München und Freising
Aufgaben und Ziele
Aufgabe des Betroffenenbeirats ist die kritische Begleitung der Weiterentwicklung des Umgangs mit Fragen der sexualisierten Gewalt sowohl hinsichtlich der diözesanen Aufarbeitung, der Maßnahmen der Prävention als auch im Bereich der Intervention aus Sicht der Betroffenen. Die Themen, mit denen sich der Betroffenenbeirat beschäftigt, ergeben sich sowohl aus den Anliegen der Betroffenen als auch aus den Fragestellungen der Erzdiözese. Der Betroffenenbeirat ist Impulsgeber. Er wird im Vorfeld geplanter Maßnahmen gehört und gibt Hinweise und konkrete Änderungsvorschläge an die Erzdiözese. Der Betroffenenbeirat entsendet Mitglieder in die unabhängige Aufarbeitungskommission.