Berufungscoaching: Die eigene Bestimmung entdecken Ein Gespräch mit Pfarrer Klaus Hofstetter, Leiter der Stabsstelle Berufungspastoral

Den ganz persönlichen Weg finden, um etwas Neues zu beginnen oder sich weiterzuentwickeln, das steht im Leben manchmal an, nicht nur bei jungen Menschen. Für solche Situationen bietet die Erzdiözese München und Freising eine qualifizierte Begleitung mit dem Berufungscoaching. Pfarrer Klaus Hofstetter koordiniert das Programm und ist dort selbst als Coach tätig.
 
Schiffswallfahrt der Berufungspastoral auf dem Chiemsee mit Schwester Erika Wimmer und Pfarrer Klaus Hofstetter
Schiffswallfahrt der Berufungspastoral am 29. April 2023 mit Schwester Erika Wimmer und Pfarrer Klaus Hofstetter auf dem Chiemsee
Pfarrer Klaus Hofstetter
Klaus Hofstetter
Herr Pfarrer Hofstetter, den Begriff „Berufung“ bringen wir meist in Verbindung mit einer geistlichen Berufung. Können Sie das Berufungscoaching kurz charakterisieren?

Klaus Hofstetter: Herauszufinden, was ich kann und was in mir steckt, und dann auch zu erkennen, wie ich das umsetzen kann, dafür gibt es das Berufungscoaching. Jesus sagt ja, er ist gekommen, damit wir das Leben haben und es in Fülle haben. Berufungscoaching hat einen weiten Berufungsbegriff. Gott hat in jeden Menschen etwas hineingelegt. Das zu entdecken, zu entfalten und auch zu leben, das ist das Schöne, zum einen, damit ich selber glücklich bin, aber auch für mein Umfeld, dass ich dort hinein ausstrahle.

Was könnte das heißen, auf den Alltag heruntergebrochen?

Klaus Hofstetter: Ich habe hier für das Gespräch ein Glas Wasser vor mir stehen, das ist nicht mehr voll. Ich kann natürlich das halbleere Glas sehen oder eben das halbvolle und sagen: Wow, das steckt in mir, aus dem kann ich etwas machen. Das ist der Ansatz beim Berufungscoaching, zu fragen: Was steckt schon in mir? Und das kann ich mit Hilfe des Coachings zur Entfaltung bringen.

Gibt es bestimmte Stationen im Leben, an denen das Angebot besonders gut greifen kann?

Klaus Hofstetter: Das können Situationen sein, in denen ich vielleicht eine gewisse Unzufriedenheit spüre oder den Wunsch nach Veränderung. Oder Wendepunkte im Leben, zum Beispiel wenn ich aus der Elternzeit komme oder mich frage, ist es jetzt das, was ich machen will für die nächsten 20 Jahre? Oder es steht eine Positionsbestimmung an vor dem Schulabschluss.
 
Austausch auf der Fraueninsel bei der Schiffswahlfahrt der Berufungspastoral am 29. April 2023 mit Pfarrer Klaus Hofstetter
Austausch auf der Fraueninsel bei der Schiffswahlfahrt der Berufungspastoral am 29. April 2023 mit Pfarrer Klaus Hofstetter
Das heißt, es gibt keine eng umrissene Zielgruppe?

Klaus Hofstetter: Unser Angebot ist offen für alle. Ich denke da an eine Frau, die mich vor Ostern angerufen hat, weil sie gespürt hat, sie möchte etwas verändern in ihrem Leben. Und ich glaube, diese Sehnsucht steckt in jedem von uns. Das kommt im Alltag gern zu kurz, durch die Arbeit und viele Sorgen, aber der Samen ist da und zum Glück bricht er immer wieder auf. Sich dann zu sagen: Ich spüre eine Sehnsucht in mir und der gehe ich jetzt nach – das ist kostbar.

Wie unterstützt das Berufungscoaching in so einer Situation?

Klaus Hofstetter: Das Gute beim Coaching ist ja, dass nicht der Coach mir Tipps gibt oder Fährten aufzeigt, sondern dass ich selber etwas in mir entdecke und ans Licht hole. Wenn ich ins Licht hineinschaue, dann blendet es mich zunächst vielleicht, aber dann werde ich von diesem Licht erfüllt und von diesen Möglichkeiten. Und das bedeutet dann eben, meine Berufung leben zu können. Es müssen aber gar nicht die ganz großen Lebensentscheidungen sein. Es kann auch um kleinere Veränderungen gehen, deren Umsetzung mich glücklich machen.

Es gibt eine Fülle von Coaching-Angeboten, warum dieses spezielle Angebot der Kirche?

Klaus Hofstetter: Was das Berufungscoaching so einzigartig macht, ist sein ganzheitlicher Ansatz. Manche denken, es geht um berufliche Orientierung oder Weiterentwicklung, nein, es ist viel breiter, es ist ganzheitlich. Es geht um mich als Mensch mit allem, was dazu gehört, um meine Talente, auch um meine Lebensform, gründe ich eine Familie zum Beispiel oder was mache ich, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

Oder neulich hatte ich einen jungen Mann, der sagte „da ist etwas, das mich ruft“. Er hatte das dringende Anliegen, sich fürs Klima zu engagieren. Die Aufgabe der Berufungscoaches ist es, das so zu unterstützen, dass es wirklich zur Entfaltung kommt. Das Ganze ist auch ein geistlicher und spiritueller Prozess, es gibt darin eine Dimension, die über das hinausgeht, was ich selber machen kann.
 
Gemeinsamer Gottesdienst der Schiffswallfahrt der Berufungspastoral am 29. April 2023 in Münster Mariä Opferung auf der Fraueninsel
Gemeinsamer Gottesdienst der Schiffswallfahrt in Münster Mariä Opferung auf der Fraueninsel
Wer ist als Berufungscoach für die Erzdiözese tätig?

Klaus Hofstetter: Wir sind gut über 20 Berufungscoaches, in deren Ausbildung die Erzdiözese investiert hat, und es kommen noch neue dazu. Das Schöne ist, dass wir innerhalb des Teams multiprofessionell sind. Es gibt Seelsorger, wir haben Sozialpädagoginnen, Menschen, die in der Verwaltung tätig sind, jüngere und ältere, sehr breit aufgestellt.

Worauf lasse ich mich ein, wenn ich ein Berufungscoaching durchlaufen möchte?

Klaus Hofstetter: Das Programm fußt auf dem christlichen Menschenbild. Entwickelt wurde es von Professor Alexander Kaiser aus der Familie des Pallottiner-Ordens. Wir arbeiten dabei mit dem Ansatz, aus der Zukunft zu lernen. Zielpunkt des Coachings ist, eine Vision zu verfassen. Als Coach begleite ich dann die Person, aus diesem Zukunftswunsch Schritt für Schritt ins Heute zu kommen. Dazu arbeiten wir viel mit kreativen Methoden, je nach dem, was zu der Person passt, die wir gerade begleiten.

Wie lange dauert der Prozess?

Klaus Hofstetter: Wir planen in der Regel mit sieben Sitzungen von je einer Stunde etwa. Aber es ist auch okay, wenn sich schon nach weniger Treffen die Dinge geklärt haben. Unsere Kunden bestimmen, wie oft und mit in welchen Abständen man sich trifft.

Wie finden Interessierte einen Berufungscoach?

Klaus Hofstetter: Auf der Webseite der Erzdiözese gibt es unter „Berufungscoaching“ eine Liste aller Coaches mit einer Kurzcharakteristik und dem Kontakt. An sie kann man sich direkt wenden oder auch mich als Koordinator des Netzwerkes anrufen. Einige aus dem Team bieten das Coaching auch online an. Außerdem veranstalten wir einige Mal im Jahr Gruppencoachings zum Beispiel für Menschen zwischen 18 und 30 Jahren oder auch für Ehepaare. Auch das findet sich auf unserer Homepage.
 
Text: Gabriele Hafner, Redakteurin beim Sankt Michaelsbund, Mai 2023

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Koordinator:
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