Ein besonderes Schauspiel zur Fastenzeit: Ölbergszenerie am Tegernsee Die Gemeinde St. Ägidius in Gmund bewahrt mit viel Engagement eine alte Tradition

In der Passionszeit können Gottesdienstbesucher:innen in der Pfarrkirche St. Ägidius in Gmund am Tegernsee in der Ölbergandacht eine szenische Darstellung mit beweglichen Figuren sehen – eine Tradition, die bis ins Jahr 1744 zurückreicht.
 
Ölbergandacht mit der knieenden Jesus-Figur und dem Engel in der Pfarrkirche St. Ägidius in Gmund
Ölbergszenerie mit der knieenden Jesus-Figur und dem Engel in der Pfarrkirche St. Ägidius in Gmund
Da darf man den widerspenstigen Gmundern dankbar sein. Der Aufforderung des Königlichen Landgerichts im Jahr 1808, endlich „diese Ölberg-Vorstellung“ zu entfernen, kamen sie nur für einige Jahre nach, wie der Gmunder Heimatpfleger Beni Eisenburg berichtet. Bereits 1820 schaffte die kleine Gemeinde am Ufer des Tegernsees eine neue Ölberg-Szenerie an – und erhielt damit eine Tradition, die bis in die Gegenwart Bestand hat.

An jedem Sonntag in der Passionszeit und am Gründonnerstag um jeweils 19 Uhr können die Gottesdienstbesucher:innen auch in diesem Jahr wieder in der Pfarrkirche St. Ägidius nicht nur mit Diakon Manfred Bauer beziehungsweise Gemeindereferentin Alexandra Schießl die Ölbergandachten beten, sondern auch den szenischen Aufbau, der für diese Zeit das Altarbild ersetzt und vor über 200 Jahren den Unmut der Staatsgewalt in der Säkularisation auf sich zog, bewundern.
 
Schlussbild der Ölbergandacht
Schlussbild der Ölbergandacht
Hinter einem Vorhang öffnet sich der Blick auf die gemalte Landschaft der aus Holz bestehenden Bühne, die im Hintergrund Jerusalem und im Vordergrund den Garten Gethsemane zeigt. Dort kniet Jesus als mannshohe Holzfigur. Auf der Vorderbühne rahmen zweidimensionale Aufsteller die Szenerie ein, die Petrus, Jakobus und Johannes zeigen – jene Jünger, die Jesus mit zum Ölberg nahm und die zu seiner Enttäuschung immer wieder einschliefen.

Das Besondere: Nach jedem der drei „Vater unser“ der Andachten bewegt sich die geschnitzte Jesus-Figur, wirft sich zu Boden und reckt dann ihre Arme flehentlich gen Himmel; beim dritten Mal senkt sich ein Engel, der Kelch und Kreuz in Händen hält, von dort herab.

Jede Andacht musikalisch anders gestaltet

Die einst auch als „Angst Christi Andacht“ bezeichnete Darbietung war im 18. und 19. Jahrhundert ein publikumsträchtiges Schauspiel der Volksfrömmigkeit und wohl auch gerade deswegen der Staatsmacht in Zeiten der Aufklärung ein Dorn im Auge. Ende des 19. Jahrhunderts fanden außer in Gmund wieder Ölbergandachten in unter anderem Berchtesgaden, Bad Tölz, Lenggries, Rottach-Egern, Tegernsee und Waakirchen statt. Heute gibt es die Ölbergandachten mit szenischer Darstellung nur noch in wenigen bayerischen Gemeinden, außer in Gmund zum Beispiel in Burgharting im Landkreis Erding oder in Reischach im Landkreis Altötting.
 
Hinter den Kulissen bewegt Vitus März die Figuren der Ölbergandacht
Vitus März bewegt die Figuren der Ölbergandacht
In Gmund soll die Mechanik hinter den Kulissen so alt wie die Spielandacht selbst sein und somit aus dem Jahr 1744 stammen. Die Figuren werden nicht mit Schnüren oder Drähten, sondern mit Hilfe von Handkurbeln aus Holz bewegt. Jeden Sonntag und zu Gründonnerstag bedient der ehemalige Ministrant Vitus März die Figuren. Er und rund 15 Helfer haben rund einen Tag gebraucht, um die Szenerie aufzubauen, und werden sie am Karfreitagmorgen wieder abbauen und dann durch das Heilige Grab ersetzen.

Bis dahin werden die Gottesdienstbesucher:innen auch in den Genuss wöchentlich wechselnder musikalischer Gestaltung kommen, einer weiteren Besonderheit in Gmund. So musizierte bereits in den ersten Andachten zwischen den Gebeten das Bläserquartett von Klaus Raßhofer oder der Jugendchor „Hakuna Matata“. In den kommenden Wochen wird Alexandra Schießl Gitarre spielen, so auch zur Kinderandacht am Sonntag, 26. März, um 18 Uhr.
 

Impressionen der Ölbergandacht

Text: Ralf Augsburg, Stabsstelle Kommunikation, März 2023

Pfarrverband Gmund-Bad Wiessee
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Mariä Himmelfahrt
St. Ägidius
St. Anton
Stefan Fischbacher, Pfarrverbandsleitung
Manfred Bauer, Seelsorgemithilfe
Reiner Hertan, Pfarrvikar
Karl Hofherr, Seelsorgemithilfe
Petra Kleinschwärzer, Gemeindereferentin
Christoph Mädler, Pastoralreferent
Katrin Ritter, Gemeindereferentin
Alexandra Schießl, Gemeindereferentin