„Schauen, hingehen, da sein“ Der Helferkreis Asyl Ottobrunn feiert sein zehnjähriges Bestehen

Bis zu 130 Ehrenamtliche engagieren sich im Helferkreis Asyl Ottobrunn für Asylsuchende. Auch Geflüchtete, die anerkannt und heimisch geworden sind in Ottobrunn, können sich einbringen. Rony aus Syrien gehört zu ihnen. Ihm ist wichtig, die Hilfe, die er erfahren hat, jetzt an andere zurückzugeben.
 
Fest der Kulturen beim Helferkreis Ottobrunn 2019
Fest der Kulturen 2019 in Ottobrunn
Seit zehn Jahren gibt es den Helferkreis Asyl in Ottobrunn bei München. Zur Gründung kam es, als die ersten größeren Flüchtlingswellen entstanden und immer mehr Hilfe in der Flüchtlingsarbeit gebraucht wurde. Damals ging man davon aus, dass für ein paar Monate ehrenamtliche Unterstützung benötigt werde. „Doch es wurde mit der Zeit nicht weniger, sondern mehr Arbeit“, berichtet Diakon Karl Stocker, der seit Anfang an der Leiter des Helferkreises ist. Für ihn ist der Helferkreis eine Herzensangelegenheit, und es berührt ihn immer wieder, wie stark der Zusammenhalt und die Zuverlässigkeit aller Beteiligen ist.

Das wird vor allem darin deutlich, dass Menschen, die selbst Hilfe erfahren haben, sich inzwischen selbst ehrenamtlich in Ottobrunn engagieren. So wie Rony. Er floh 2013 aus Syrien und bekam in seiner damaligen Asylunterkunft Besuch von einem Ehrenamtlichen aus Ottobrunn. „Der Helferkreis unterstützte mich bei meinen Unterlagen und der Suche nach einer Wohnung“, erzählt Rony mit strahlenden Augen.

Toleranz wird im Helferkreis groß geschrieben

Seit 2014 hilft er selbst mit. Der studierte Dolmetscher setzt seine Stärken vor allem bei der Überwindung von Sprachbarrieren ein. Neben seinem Job als Night-Manager in einem Hotel betreut er Familien und hilft ihnen bei der Integration. Rony erzählt: „Ich möchte helfen und das zurückgeben, was der Helferkreis mir damals an Unterstützung gegeben hat.“. Dadurch, dass er die gleichen Probleme hatte, kann er durch seine Erfahrungen anderen helfen und das mache er gerne.
Diakon Karl Stocker
Diakon Karl Stocker
„Darüber freuen wir uns sehr“, ergänzt Stocker. Der Diakon erklärt, dass der Helferkreis gut vernetzt sei und jeder seine Stärken einsetzt, die er mitbringe. Dadurch habe sich der Kreis gut weiterentwickelt und bleibe nah an den Menschen dran. Jeder, der mitmachen will, sei herzlich willkommen. Diese Erfahrung durfte auch Rony machen: „Der Helferkreis ist sehr tolerant. Es ist egal, woher du kommst, welche Religion du hast und zu welcher Gruppe du gehörst. Egal, ob du allein bist oder Familie hast." Ihn bewege vor allem, dass alles auf einer freiwilligen Ebene geschehe. Für die nächsten Jahre wünscht sich Rony, dass der Helferkreis noch lange besteht und immer mehr Leute kommen, um zu helfen. Er selbst ist dankbar für die vielen Freundschaften, die durch seine Arbeit für den Helferkreis entstanden sind.

Diakon Stocker schätzt es sehr, dass es inzwischen 130 Ehrenamtliche sind, die sich im Helferkreis für Geflüchtete einsetzen. „Schauen, hingehen, da sein“, darauf komme es an, erklärt Stocker. Zurzeit werde durch den Krieg in der Ukraine wieder mehr Hilfe angefragt. Es brauche jetzt vor allem finanzielle Unterstützung, um angemessen auf die steigenden Flüchtlingszahlen reagieren zu können.

Jeder ist willkommen

Im Helferkreis Ottobrunn beteiligen sich interkulturell und ökumenisch orientierte Engagierte aus den Kirchengemeinden, dem Deutsch-Islamischen Kulturverein Ottobrunn, örtlichen Wohlfahrtsverbänden sowie die Caritas. Sie stehen den Bedürftigen im Alltag zur Seite und helfen, wo sie können. So verhelfen sie beispielsweise Geflüchteten aus der Ukraine, Syrien und Afghanistan bei der Suche nach Wohnungen, bei der Überbrückung von Sprachbarrieren und der Suche nach Arbeit. Die meisten sind aufgrund von Krieg, Zerstörung und Verfolgung aus ihren Heimatländern geflohen und brauchen Unterstützung bei Asylanträgen.
Feier zum zehnjährigen Bestehen des Helferkreises im September 2022
Feier zum zehnjährigen Bestehen des Helferkreises im September 2022
Weitere Aufgaben, die Ehrenamtliche im Helferkreis übernehmen, ist die Übernahme von Schulpatenschaften junger Erwachsener, die an einer deutschen Berufsschule Förderkurse besuchen und ihnen in den Fächern Mathematik oder Deutsch zur Seite stehen. Oder sie engagieren sich in der Einzelfallhilfe, etwa bei der Bewältigung des Alltags von Familien, wenn es um Arztbesuche und Behördengänge geht. Die Helfer kümmern sich zudem um Sachspenden, Praktikums- und Ausbildungsplätze, Freizeitangebote. Sie sorgen auf diese Weise dafür, dass sich die Geflüchteten im sozialen Leben der Kommune gut integrieren können.

Helfer bringen Leidenschaft und großes Können mit

Als Beauftragter des Erzbistums München und Freising für Flucht, Asyl und Integration schätzt Monsignore Rainer Boeck die Arbeit des Helferkreises. Die Ottobrunner gehörten zu den Engagierten in der Flüchtlingsarbeit, die seit Jahren sehr stabil und aktiv wären. „Dort arbeiten Leute, die spitze sind und großes Können sowie Leidenschaft einbringen. Sie haben einen langen Atem und setzen mit Geschick die Helfer ein“, erzählt Boeck.

Er schätzt es, dass auch von politischer Seite Unterstützung kommt. Als besonders gelungen empfindet er es, dass es dem Helferkreis gelungen sei, „Hand in Hand“ zu arbeiten und die Betroffenen miteinzubinden. Boeck sieht aber auch, dass die Anforderungen enorm sind. Der Staat und die Kommunen seien am Limit, und es müsse darauf geschaut werden, dass die Helferkreise nicht die Grenzen ihrer Belastbarkeit überschreiten. Für Boeck ist klar: „Das Ehrenamt wird hier immer bedeutungsvoller." Er hofft deshalb, dass der Helferkreis Ottobrunn weiterhin stabil bleibt und sich nicht von möglichen sozialen Spannungen beeinflussen lässt.

Immer dankbar über Spenden

Entscheidend wird auch sein, dass der Helferkreis finanziell weiterhin gut aufgestellt ist. Dies geschieht ausschließlich über Spenden. Zudem sind die Ehrenamtlichen dankbar über Wohnungen und Zimmer, die sie für die Geflüchteten suchen für den Fall, dass diese die Unterkünfte des Landratsamtes verlassen und sich dann eine Wohnung auf dem freien Markt suchen müssen.
 
Text: Pauline Erdmann, Volontärin beim Sankt Michaelsbund, Januar 2023
 
Der Helferkreis Ottobrunn trifft sich - bis auf den ersten Mittwoch im Monat und in den Schulferien - wöchentlich. Bei diesen Zusammenkünften wird geschaut, wer wie als Helfer eingesetzt werden kann. Neue Ehrenamtliche sind jederzeit willkommen. Kontakt und weitere Informationen zum Helferkreis auf www.helferkreis-asyl.com.